: Schwammig formuliert
■ Hessische Parlamentarier finden den Gesetzesentwurf zum Verfassungsschutz „korrekturbedürftig“
Mit betretenem Schweigen und „echt beeindruckt“ reagierten am Mittwoch vormittag die Mitglieder des Hauptausschusses im Hessischen Landtag. Sie waren zusammengekommen, um sich auf Antrag der Grünen mit der Zukunft des Verfassungsschutzes zu befassen. Geladen war der Vize-Präsident der DDR -Volkskammer, Wolfgang Ullmann. Er wandte sich heftig und eindringlich gegen einen Ausbau des Verfassungsschutzes und gegen in Bonn und Hessen geplante Gesetzesänderungen. Ullmann betonte, er habe nichts gegen das Amt gehabt und es ursprünglich durchaus in die DDR übernehmen wollen, bevor er seine Erfahrungen im Stasi-Untersuchungsausschuß gemacht habe. Seither sehe er, daß gerade die bundesrepublikanischen Neuerungen „eine Bedrohung für die Freiheit der Menschen“ seien. Es handele sich hier um eine „Vorverlagerung des Strafrechts“, bei der „nicht die Tat, sondern die Überzeugung“ die Menschen zum Ermittlungsgegenstand mache.
Der hessische Datenschutz-Beauftragte, Spiros Simitis, forderte die Landesregierung auf, die Hausaufgaben noch einmal zu machen. Er interpretierte den vorliegenden Gesetzesentwurf als „korrekturbedürftig“, weil er u.a. „die derzeitigen politischen Veränderungen, die den Ost-West -Gegensatz weitgehend relativieren“, nicht einbeziehe. Im einzelnen rügte er schwammige Formulierungen der Aufgaben und unklare Definitionen der Zuständigkeit des Verfassungsschutzes. Simitis wandte sich gegen die Speicherung von Daten Betroffener, ehe ein „konkreter Anfangsverdacht“ sich „erhärtet“ habe, gegen die Weitergabe von Daten an andere Behörden und plädierte für eine schnellere Löschung.
Für die Grünen sagte Pressesprecher Georg Dick, sie hielten den Verfassungsschutz „hier wie in Thüringen nach wie vor für überflüssig“. Die Landesregierung werde dorthin wahrscheinlich Beamte aus den Ministerien entsenden, die „mit Stasi-Potential“ Schützenhilfe beim Aufbau des neuen thüringischen Verfassungsschutzes leisten sollen.
hei
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