piwik no script img

Schulden gelten oft als Schande

■ "Team Management-Transfer" bietet seit fünf Jahren Hilfe in allen Lebenslagen, vor allem Schuldnerberatung und Wohnungstausch / Die Mitarbeiter kämpfen um die Bewilligung neuer Stellen

Als einige arbeitslose Betriebswirtschaftler das Projekt „Team Management-Transfer e. V.“ (TMT) gründeten, ahnte keiner von ihnen, daß dort fünf Jahre später 82 ABM-Kräfte arbeiten würden. Die vierzehn Gründungsväter und -mütter boten zunächst Unternehmensberatung für gemeinnützige Einrichtungen an. Inzwischen ist das Angebot vielfältiger geworden: TMT bietet Bürgerberatung und Lebenshilfe, ein „kreativ mobil“ für handwerkliche und künstlerische Kinder- und Jugendarbeit und vor allem: Schuldnerberatung und einen sozialen Wohnungstauschdienst, der Menschen in passendere Wohnungen vermittelt.

Über mangelnden Zulauf in ihrer Beratungsstelle in der Rheinsberger Straße im Bezirk Mitte können die Mitarbeiter nicht klagen. Im Gegensatz zu bezirklichen Anlaufstellen vergeben die TMT-Mitarbeiter ihre Termine wesentlich flexibler. Wer sich dort meldet, wird innerhalb von zwei Tagen zum Beratungsgespräch eingeladen. „Es ist sowieso schon eine Überwindung hierherzukommen. Wenn dann Wartezeiten von einigen Wochen bestehen, verläßt viele Leute in der Zwischenzeit der Mut“, meint Doris Leander, die in der Bürgerberatung von „Team- Management-Transfer“ arbeitet.

Für das erste Gespräch mit den Menschen, die bei ihnen Rat und Hilfe suchen, nehmen sich die Berater zwei Stunden Zeit. „Da reden sich die Leute erst mal ihre ganzen Sorgen von der Seele“, beschreibt Leander ihre Erfahrungen. Einige bringen Schuhkartons voller Unterlagen mit, denn häufig wurde von den Schuldnern die Post von den Gläubigern gar nicht mehr geöffnet.

Durch ihre Arbeit hat Leander festgestellt, daß es erhebliche Unterschiede zwischen Ost und West gibt. „Die Leute aus dem Westen nehmen ihre Schulden viel leichter, obwohl es sich im Durchschnitt um wesentlich höhere Beträge handelt. Bei den Ratsuchenden aus Ostberlin ist dagegen das Schamgefühl viel ausgeprägter“, erzählt Leander. Allerdings würden diese Unterschiede zwischen Ost und West im Laufe der Jahre immer geringer.

Zwar ist das Projekt vor allem für die Bezirke Lichtenberg, Friedrichshain und Mitte zuständig, Hilfesuchende aus anderen Bezirken werden jedoch nicht weggeschickt. „Es gibt einfach zu wenig Einrichtungen, die in unserem Bereich arbeiten“, meint Eckhart Karl vom sozialen Wohnungstauschdienst. Seit anderthalb Jahren organisiert er mit zwölf Mitarbeitern einen bedarfsgerechten Wohnungstausch. In einer Datenbank werden alle Tauschwünsche gespeichert. Wenn geeignete Wohnungen vorhanden sind, übernimmt das Team die Verhandlungen mit den Wohnungsbaugesellschaften und Hausverwaltungen.

Da sich das Angebot vor allem an ältere Menschen richtet, wird auch die Betreuung nach einem Umzug übernommen. „Wir informieren die Leute über Freizeiteinrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten und Seniorenangebote, damit sie sich in der neuen Umgebung zurechtfinden“, beschreibt Karl die sogenannte Nachbetreuung.

Aber auch bei anderen Wohnungsproblemen bietet TMT flexible und wirksame Hilfe. „Einmal haben wir es geschafft, einer Familie mit einem behinderten Kind innerhalb von zwei Tagen zu einem Wohnberechtigungsschein zu verhelfen. Einen Tag später hatten die einen Mietvertrag für eine neue Wohnung unterschrieben“, erzählt Karl von der bisher schnellsten Hilfsaktion.

Von Stellenkürzungen im ABM-Bereich läßt sich TMT nicht entmutigen. Zwar laufen bis September zwanzig Stellen aus. Das Team stellt jedoch ständig neue Anträge und ist dabei durchaus erfolgreich. „Fünf neue Stellen wurden jetzt gerade für die Schuldnerberatung bewilligt“, so Doris Leander zufrieden. Gesa Schulz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen