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Schüsse aus dem Würgegriff

■ Erster Tag im Prozeß gegen Hans-Joachim U. / Nach Prügelei erschoß der Hafturlauber den Türsteher der „Tolstefanz„-Disko / Anklage wegen Totschlags / Waffe in einer Bar gefunden?

Moabit. Hans-Joachim U. habe hinter sich schnelle Schritte gehört. Als er sich umdrehte, sei er von drei bis vier Personen gegen die Schläfe geschlagen, in den Würgegriff genommen und getreten worden, erzählte er gestern vor einer Moabiter Schwurgerichtskammer. In jener Nacht zum 27. August letzten Jahres sei ihm wegen des Würgegriffs „schwarz vor Augen“ geworden. Dann zog er eine Pistole und schoß jemandem vor ihm ins Bein, weil dieser erneut zutreten wollte. Doch der Mann hinter ihm soll den Würgegriff „wie ein Wahnsinniger immer enger“ zugezogen haben. Hans-Joachim U. schoß ungezielt auf den Mann an seinem Rücken, ein Türsteher der Wilmersdorfer „Tolstefanz„-Disko. Er traf ihn tödlich.

Den Überfall kann sich Hans-Joachim U., 29jähriger Karosserieklempner, bis heute nicht erklären. Seinem Freund sei damals zwar ohne Begründung der Eintritt zur Disko verwehrt worden, aber trotz zweimaliger Bitte beim Kassierer und den Türstehern seinen Freund dennoch in die Disko zu lassen, sei es nicht zum Streit gekommen. „Komm, wir gehen woanders hin“, habe Hans-Joachim U. zu seinem Freund gesagt.

Beim Gehen seien er und sein Freund wenige Meter vor der Disko von hinten überfallen worden. Nach dem Schuß hörte der Türsteher auf den Karosserieklempner zu würgen. „Ich stand da, bis ich klar gesehen haben. Dann bin ich langsam losgegangen. In einer Hand die Waffe, in der anderen meinen Pullover“, erinnerte sich der Todesschütze gestern. Warum er geschossen habe, konnte Hans-Joachim U. dem Richter gestern nur so erklären, daß er die „Brutalität“ von Türstehern kenne.

Bis März dieses Jahres hatte Hans-Joachim U. in Plötzensee ein Haftstrafe wegen Erpressung abzusitzen. An dem Wochenende im August hatte er Hafturlaub und hatte mit Freunden eine Kneipentour unternommen. In der Bar „King George“ habe er auf seinem Sitz eine geladene Pistole gefunden. Seine Freunde hätten den Fund nicht bemerkt. Er habe sich die Waffe unauffällig in den Hosenbund geschoben. Die Waffe wollte er „vielleicht verkaufen“.

Vor dem Schwurgericht muß sich der 29jährige wegen unerlaubten Waffenbesitzes, Körperverletzung und Totschlags verantworten. Die Rechtsanwältin will den Vorwurf des Totschlags zurückweisen. Sie glaubt, daß ihr Mandant in Notwehr gehandelt hatte.

Dirk Wildt

Der Prozeß wird fortgesetzt.

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