: Schüsse am Chomeini-Grab
■ Überlebte der iranische Staatschef Rafsandschani gestern einen Anschlag?
Teheran/Berlin (AFP/AP/dpa/ taz) – Irans Präsident Ali Haschemi Rafsandschani hat gestern möglicherweise einen Mordanschlag überlebt. Mehrere tausend IranerInnen sowie das versammelte diplomatische Korps lauschten gestern am Grabmal des 1989 verstorbenen Ajatollah Chomeini seiner Ansprache aus Anlaß des 15. Jahrestags der iranischen Revolution. Plötzlich knallte es fünfmal. Rafsandschani wurde sofort von Leibwächtern umringt, die Fotografen und TV-Teams daran hinderten, näher an das Geschehen heranzukommen. Später wurden Filme und Videokassetten beschlagnahmt.
In der Menge brach kurzfristig Panik aus. Dann skandierten die Menschen „Tod den USA“ und „Hoch Rafsandschani“. Andere riefen Parolen, die als gegen die oppositionellen Volksmudschaheddin gerichtet zu verstehen waren. Die Rufer vermieden es jedoch geflissentlich, den Namen der im Untergrund aktiven Gruppe auszusprechen.
Nach einer kurzen Unterbrechung setzte Rafsandschani seine Rede fort. Die Taten der „Feuerwerker“ zeigten nur ihre „Verzweiflung“, sagte er lächelnd und beschuldigte „die Feinde des Islams und der Revolution“, sie wollten die iranische Bevölkerung „entmutigen“. Im staatlichen Rundfunk erklärte er später, bei dem ersten Knall habe er geglaubt, eine Glühbirne sei geplatzt. Da weitere Knallgeräusche folgten, hätte er jedoch „begriffen, daß es sich um Schüsse handelte“. Es gebe jedoch „keinen Grund zur Beunruhigung“. Laut der von den iranischen Behörden verbreiteten Version wurde der Schütze, der etwa 150 Meter von Rafsandschani entfernt gestanden haben soll, von der Menschenmenge überwältigt. Er habe mit einer Pistole Richtung Tribüne gezielt, da ihm aber sofort jemand in den Arm gefallen sei, seien die Kugeln in der Decke des Mausoleums eingeschlagen. Anschließend habe die Polizei den Mann festgenommen. In seinen Taschen seien gefälschte Polizei-, Studenten- und Presseausweise gefunden worden.
Einige Augenzeugen bezeichneten die Geräusche dagegen nicht als Schüsse, sondern als „kleine Explosionen“. Und auch die staatliche Nachrichtenagentur IRNA verbreitete kurzfristig die Äußerung eines nicht näher bezeichneten Sprechers der Süd-Teheraner Polizei, es sei noch nicht klar, ob es sich bei den „Explosionen“ um Schüsse oder explodierende Handgranaten gehandelt habe.
In den letzten Monaten sind wiederholt in verschiedenen Landesteilen Irans Sprengsätze detoniert. Zu einigen Anschlägen, die sich unter anderem gegen Ölpipelines richteten, bekannten sich die Volksmudschaheddin. Zuletzt ging am 13. Januar an dem belebten Ferdowsi-Platz in der Teheraner Innenstadt eine Bombe hoch. Drei Passanten wurden zum Teil schwer verletzt. Die iranische Führung beschuldigte die Volksmudschaheddin, die Bombe gelegt zu haben. Diese wollte mit der Tat jedoch nichts zu tun haben.
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