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■ NachgefragtSchreiender Unsinn

Etwa 1.000 Arbeiter des Stahlwerks legten gestern zwischen 12 und 14 Uhr die Arbeit nieder. Die Kanzlerrunde, auf der heute ein „Bündnis für Arbeit“ diskutiert werden soll, brachte die Stahlwerke in Rage. Eike Hemmer, Betriebsratsmitglied der Stahlwerke, stört sich vor allem an der neuen Vorruhestandsregel,wir fragten, warum.

taz: Herr Hemmer, bislang konnten Arbeitnehmer über 55 Jahre bei den Stahlwerken per Sozialplan in Vorruhestand geschickt werden. Sie bekamen Arbeitslosengeld, die Differenz zahlte bis 85 Prozent zum Nettolohn der Betrieb. Das ist geändert worden.

Ja.

Warum sind Sie dagegen, die Rentenkassen werden doch so entlastet.

Die Kassen werden zur Hälfte von den Arbeitnehmern getragen. Das heißt, das ist zum Teil unser Geld. Die jetzt geplante Alternative bedeutet, daß jüngere Arbeitnehmer auf die Straße gesetzt werden.

Aber jüngere Arbeitnehmer finden doch auch leichter eine Anstellung als ältere.

Ja, das war immer unser Argument für die tarifvertragliche Absicherung – also dieser besondere Kündigungsschutz für Ältere – das ist auch eine soziale Errungenschaft. Wir haben gerade in der harten und gesundheitlich sehr belastenden Arbeit der Stahlindustrie viele ältere Kollegen, die gesundheitlich angeschlagen sind. Von denen verlangt man jetzt, daß sie bis zur Rente dort arbeiten müssen und jüngere Kollegen, die noch arbeiten könnten, stehen auf der Straße. Das ist doch ein himmelschreiender Unsinn.

Wie glauben Sie, würde sich die neue Regelung auf die Sozialpläne auswirken?

Die neue Regelung macht die Sozialpläne höchst unwahrscheinlich, weil die Unternehmen sagen werden, wir tragen nicht die Gesamtkosten für die Sozialpläne. Bisher haben Sie ja immer nur Zuschüsse zahlen müssen – nach der neuen Regelung müßten sie die Arbeitslosenbeiträge zahlen. Das heißt die Unternehmen werden solche Sachen nicht mehr mitmachen. Fragen: Kerstin Schneider

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