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Schreibmaschine verriet Preisabsprachen

■ Kartellamt verhängte Bußgelder von mehr als einer halben Million Mark gegen zwei Elektrokartelle, die Preise untereinander auskungelten. Bauleiter der Bauverwaltung schanzte befreundetem Unternehmer

Die Landeskartellbehörde hat zwei Elektrokartelle zerschlagen und Bußgelder von über 532.000 Mark verhängt. Nach Angaben der Wirtschaftsverwaltung hatten sich 18 Elektrounternehmen an unzulässigen Preisabsprachen beteiligt. Zudem wurde ein Bauleiter der Bauverwaltung entlassen, weil er bei der Auftragsvergabe einzelne Unternehmen bevorzugt hatte.

An beiden Kartellen waren fast ausschließlich alteingesessene mittelständische Betriebe aus dem Westteil der Stadt beteiligt, erklärte gestern Wirtschaftsstaatssekretär Dieter Ernst. Staatsanwaltschaft, Landeskriminalamt und die Innenrevision der Bauverwaltung, eine interne Kontrollgruppe, hatten seit zwei Jahren ermittelt. Preisabsprachen seien bei 14 Ausschreibungen mit einem Gesamtauftragswert von 3,1 Millionen Mark nachgewiesen, erklärte Ernst. Gegen Kalkulatoren, Geschäftsführer, Inhaber und juristische Personen wurden Bußgelder zwischen 3.000 und 79.000 Mark festgesetzt.

Eines der beiden Kartelle bestand laut Wirtschaftsverwaltung aus mindestens sieben Unternehmen. Sie hatten seit 1992 bei zehn Ausschreibungen zur Verlegung von Elektroleitungen in Polizeidienststellen und in Krankenhäusern ihre Preise abgesprochen. Mit Ausnahme von zwei Unternehmen hätten die Firmen die Bußgeldbescheide anerkannt und teilweise bereits bezahlt. Zur Stolperfalle wurde dem Kartell letztlich eine Schreibmaschine, die im Schriftwechsel eine auffällige Ziffer 1 hinterließ. Bei den Ausschreibungen wurde mit ihr je ein Angebot angefertigt, das jedoch angeblich von verschiedenen Kartellmitgliedern stammte.

Das andere Kartell bestand aus einer Gruppe von Firmen, die gemeinsam mit einem Bauleiter aus der Senatsbauverwaltung seit der Wende 1989 über Jahre hinweg in erheblichem Umfang Auftragsvergaben dieses Ressorts manipulierten. Dies betraf, so die Wirtschaftsverwaltung, vor allem Elektroarbeiten im Werner-Seelenbinder- sowie im Coubertin-Gymnasium und im Freizeit- und Erholungszentrum Wuhlheide. Der inzwischen entlassene Beamte bevorzugte bei Ausschreibungen einen befreundeten Unternehmer. Der Bauleiter wurde verhaftet und inzwischen gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Nach Angaben des Personalchefs der Bauverwaltung, Wolfgang Dobberke, wird aber noch weiter gegen ihn ermittelt. Dobberke wollte nicht ausschließen, daß sich für noch weitere Fälle Beweise finden ließen. Alle Verdachtsfälle wurden an die Staatsanwaltschaft abgegeben, die mehrere Strafverfahren eingeleitet hat.

In beiden Fällen, sagte Staatssekretär Ernst, hätten die Ermittlungen gezeigt, daß die Kartelle von Mitarbeitern der Auftraggeber unterstützt oder zumindest durch unzureichende Kontrollen nicht behindert worden seien. Erst 1996 hat die Bauverwaltung ihre internen Kontrollen verbessert, indem sie eine zweiköpfige Arbeitsgruppe einrichtete, die Unterlagen und Mitarbeiter überprüfen kann. Diese sogenannte Innenrevision wurde, so Personalchef Dobberke, 1997 auf sechs Mitglieder aufgestockt. Auch die Zusammenarbeit mit der Antikorruptionsgruppe der Justizverwaltung habe zu dem Fahndungserfolg beigetragen. Das Referat des entlassenen Bauleiters wurde zudem aufgelöst, die übrigen Mitarbeiter auf andere Referate verteilt. Man wolle vermeiden, erläuterte Dobberke, daß ein Mitarbeiter ständig mit der gleichen Firma zu tun habe. Jutta Wagemann

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