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Schöner Bügeln

Die Eheleute Janssen haben mit der Gründung von „Donna Regina“ ihre Beziehung bereichert – und sind dabei ganz big in Japan geworden  ■ Von Christoph Biermann

Pop geht manchmal seltsame Wege. Warum gerade das ferne Japan Regina und Günther Janssen alias „Donna Regina“ entdeckt hat, wissen selbst die beiden Betroffenen nicht. Ohne große Plattenfirma und Promotion haben die drei CDs des Kölner Ehepaars dort eine fünfstellige Auflage erreicht, mehr als in Deutschland. „Von unserer letzten CD sind an einem Samstag allein im Virgin- Megastore von Tokio 150 Stück verkauft worden“, sagt Günther Janssen. Und das nur, weil die Musik im Laden gespielt wurde. Wo es in Deutschland gerade mal vereinzeltes Kleinlob in Spezialistenkreisen gibt, nennt in einer japanischen Frauenzeitschrift eine populäre Schauspielerin die neue CD von Donna Regina, „Her Beautiful Heart“, ihre Lieblingsplatte. „Das ist ein mainstream-artiger Zugriff auf unsere Musik, den es hier für uns gar nicht gibt“, sagt Regina Janssen.

Und demnächst könnte sie sogar richtig „big in Japan“ werden, denn der Automobilkonzern Nissan bewirbt mit ihrem Lied „Driving in your car“ demnächst sein neues Modell „Sylvia“ im japanischen Fernsehen. Glücklicherweise macht Reginas Brotberuf Nachforschungen über diesen Erfolg möglich. Die 35jährige Stewardeß bei der Lufthansa hat sich bereits auf einem Flug nach Tokio einsetzen lassen, um dort die Geheimnisse der japanischen Pop- Psyche zu erkunden.

Der geheimnisvolle Erfolg in der Ferne tröstet auch ein wenig darüber hinweg, daß sich ihre Musik in Deutschland schwertut. Vielleicht weil solcherart bürgerlicher Pop hierzulande keine Tradition hat. Es ist eine eher französische Pop-Haltung, sich auf die Suche nach den „schönen Momenten und positiven Gefühlen“ zu machen, auch wenn Regina weiß, daß „sie nicht das Leben sind“. Dazu kommen der Mut zum Idyll und die Bereitschaft, dem Zauber wohlklingender Worte zu erliegen, wo ein „beautiful heart“ schon mal „big as an ocean“ sein darf, Melodien natürlich „never-ending“ und sich „bright“ auf „light“ reimt, weil es so schön paßt. Regina („Ich bin schon seit Jahren eine große Verehrerin von Françoise Hardy“) singt mit charmantem Akzent und freundlichem Augenaufschlag auf englisch und französisch. So, wie Kinder singen wollen – nämlich schön. Dem steht auch die Musik mit ihren gefälligen Melodien und melancholischen Verunscharfungen nicht nach, in die auch mal Samples von den Beach Boys oder Rachmaninow gewoben sind.

„Guten Kitsch“ würden die beiden für Donna Regina reklamieren und „nichts Anstößiges“ dran finden, daß ihre Musik „Bügeln und Autofahren“ schöner machen kann. Dient doch auch das der Verbesserung der Welt. Subkulturelle Identitätsstiftungen bietet so ein Konzept allerdings nicht an. Das ist nicht hip genug für die Jungen und nicht rockistisch genug für die Mittelalten. Eben „nicht Viva, aber auch nicht Viva 2“, wie Günther meint. Und fürs wäscheplättende Massenpublikum sind die Sounds vielleicht zu sophisticated, die im Gewusel des heimischen Musikzimmers unter den Bedingungen von Hausmusik des ausgehenden 20. Jahrhunderts entstehen. Dort lagern nicht nur Berge von Platten und CDs, die der 41jährige für seine Musiksendungen beim WDR und Deutschlandradio braucht. Auch die Produktionsmittel Bandmaschine und Mischpult, verschiedene Keyboards, Gitarren und Effektgeräte sind jederzeit greifbar.

Die Vorzüge der Einheit von Tisch, Bett und Tonstudio sind Günther und Regina aber erst im weiteren Verlauf ihrer Ehe aufgefallen. Sie waren schon seit Jahren ein Paar, bevor sie 1990 Donna Regina und ein working couple wurden. Er, der Immer-schon-Musiker, vor Jahren unglücklich mit Romie Singh bei CBS unter Vertrag und danach wesentlich zufriedener mit Mathias Arfmann von den Kastrierten Philosophen und Tobias Gruben von Die Erde bei dem Projekt „Heroina“. Und sie, die „nur so in der Gegend rumgeträllert hat“. Eine Band („Duo klingt zu niedlich“) wurden die beiden, als sie „aus Jux, so wie andere Mau-Mau spielen“, einige Coverversionen aufnahmen. Der Jux wurde „eigentlich nur für Freunde“ auf einer Single verewigt. Anschub genug für inzwischen drei CDs.

Wenn da nur nicht die zähe Annahme beim deutschen Publikum wäre. Aber Günther macht der Erfolg von Portishead Mut, bei denen er einen „ähnlichen musikalischen Ansatz“ erkennt. Und St. Etienne sind sogar „ganz in unserem Geiste“. Doch selbst wenn sie als Donna Regina keine Popstars werden sollten, am besten an der Umwandlung der Ehe in eine Band war eben das: „Das hat unsere Beziehung schöner gemacht und ist eine Bereicherung, die wir jedem Paar wünschen.“ Also Paare, bildet Bands!

Diskographie: „Lazing Away“ (Our Choice/Rough Trade) 1992; „Almaty“ (Strange Ways/Indigo) 1993; „Dream Pop E.P.“ (Strange Ways/Indigo) 1994; „Her Beautiful Heart“ (Strange Ways/Indigo) 1995.

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