VOM KRANKSEIN : Schöne Namen
„Gürtelrose“ ist zugegebenermaßen einer der schönsten Krankheitsnamen überhaupt. Als Kind dachte ich, es handele sich um ein hübsches Modeaccessoire, das wieder nur Erwachsene haben dürfen. Wie Röcke tragen im Winter. Was hab ich mit meiner Mutter diskutiert – also de facto lag ich schreiend auf dem Fußboden, draußen waren zehn Grad minus – aber Röcke blieben Mamas Sache und Gürtelrosen die meiner Urgroßmutter Mümmi.
Mümmi sah übrigens original so aus wie die Queen. Samt Hut und Handtasche. Auch wenn sie niemals so ein bienenhoniggelbes Kostüm angezogen hätte wie die britische Oma zur Hochzeit ihres Enkels. Hab ich gedacht, als ich letztens zugedröhnt vor der Glotze hing. Der Arzt hat mir nämlich echt Morphin aufgeschrieben gegen die Schmerzen. „Dafür würden sie am Kotti viel Geld bezahlen“, hat er gesagt, als er mir das BTM-Rezept gegeben hat. Das gibt’s für Sachen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Paul ist ganz zappelig geworden vor Neid. Ich würde ihm mit Kusshand die Wattewolke in meinem Kopf überlassen, wenn er auch die Rose nimmt. Die ist nämlich gar nicht schick, sondern eine furchtbar hässliche, scheißschmerzhafte und verdammt langwierige Angelegenheit. Ich hab auch langsam echt keinen Bock mehr auf die ganzen Gürtelrosengeschichten. „Hatte ich mal am Hals, bin ich ständig ohnmächtig geworden“, hat die Postbotin erzählt, und der Apotheker hatte mal eine auf den Augenlidern. Mama sagt, dass meine Urgroßmutter vor lauter Verzweiflung ihre Gürtelrose zum Schluss hat besprechen lassen.
Von Röcken hab ich auch ein für allemal die Schnauze voll. Was anderes kann ich ja nicht anziehen wegen dem Mistvieh, sonst lieg ich schreiend vor Schmerz auf dem Boden. Seit heute bröckelt sie. Jetzt hängen mir so Schorffetzen von der Hüfte. Und das sieht genauso scheiße aus, wie es in Echt heißt: Herpes Zoster. LEA STREISAND