magische momente : Schöne Ferien
Moment 1: Reisebüro, Samstag Vormittag, viel Betrieb. Die Dame nimmt einen Auftrag für Flugtickets entgegen, mit der Bemerkung, augenzwinkernd: „Jetzt komme ich leider noch nicht dazu, aber ab 17 Uhr wird es ruhiger, dann werde ich mich drum kümmern.“ JH
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Moment 2: Berlin-Pankow, Villen aus der Gründerzeit, der Garten des Majakowski ist gut gefüllt. Manche diskutieren laut ihre Urlaubsziele, andere leise den Stand ihrer Beziehung, die meisten den Sommer und seine Temperaturen. Fünf Tische weiter plaudert Jürgen Trittin. Menschen knabbern an Endiviensalat und Entenbrust unter kühlenden Bäumen. Kein Weltmeister-Steak auf der Karte, keine beflaggten Kinderwägen neben den Tischen, keine Großbildleinwand, nicht mal ein einziger Fernseher. Fußball scheint unendlich weit weg, viel weiter als die 200 Kilometer nach Leipzig, wo gerade eben der nächste deutsche Gegner ermittelt wird. Plötzlich kommen drei junge Männer in Schwarzrotgold die Straße heruntergetorkelt, wie Aliens, von einem schwarzen Loch ausgespuckt. Sie schwenken ihre Fahnen, grölen von „Deutschland“, tun also genau das, was sich dieses Land angewöhnt hat, feiern zu nennen. Im Lokal heben sich kurz ein paar Köpfe, stellen schnell ihr Desinteresse fest und widmen sich wieder den Salatblättern. Dann verschluckt das Halbdunkel die fröhlichen Patrioten, und einen Moment später scheint der Spuk nur noch eine Erscheinung, kaum mehr als eine matte Erinnerung. Noch zwei Wochen. TO