: Schock für Wohnungseigner
■ Senat will Zweckentfremdung von Wohnraum erschweren / Abbruch, Leerstand und Gewerbenutzung sollen teurer werden Von Sannah Koch
Haus- und Wohnungseigentümern soll es jetzt schwerer gemacht werden, Mietwohnungen in Gewerberaum umzuwandeln, sie jahrelang leer-stehen zu lassen oder sie gar aus Spekulationsgründen abzureißen. In seiner gestrigen Sitzung verabschiedet der Senat eine neue fachliche Weisung über Zweckentfremdung von Wohnraum – eine Maßnahme gegen den Unmut in der Bevölkerung und für die Entspannung auf dem Hamburger Wohnungsmarkt.
Ein zufriedener Bausenator Eugen Wagner betonte gestern vor der Presse, daß die Weisung für die Mitarbeiter der Hamburger Bezirksämter „erheblich geändert“ wurde. Das Papier sei vom Grundgedanken des „Vorrangs für Wohnraumerhaltung“ getragen und gehe restriktiv mit Ausnahmewünschen der Antragsteller um. Das liest sich so: Zweckentfremdungen sollen künftig nur noch befristet genehmigt und Alternativen, die Wohnraum erhalten können, genauer geprüft werden. Auch am Kontostand sollen Zweckentfremder jetzt ablesen können, daß ihr Treiben unerwünscht ist: Bei doch erteilter Genehmigung zur Umwandlung in Geweberaum soll das mit einer Ausgleichszahlung von monatlich zehn Mark pro Quadratmeter negativ zu Buche schlagen.
Ähnliche Regularien auch bei Abbruch-Anträgen: Wer die genehmigt haben will, muß entweder „wirtschaftlich unvertretbare Erhaltungsinvestitionen“ nachweisen oder die dreifache Wohnungsfläche neu errichten. Werden diese neuen Wohnungen nicht gebaut, muß eine Ablösesumme von 500 Mark pro Quadratmeter (früher 400 Mark) gezahlt werden. Leerstehende Wohnungen, die nicht „unverzüglich wieder dem Wohnugsmarkt zugeführt werden“, können den Eigentümer auch teuer zu stehen kommen: Bei der ersten Androhung kann ein Zwangsgeld von 1000 Mark pro Wohnung eingetrieben werden, das sich auch verdoppeln und verdreifachen kann.
In den vergangenen Jahren wurden in Hamburg jährlich etwa 230 Wohnungen zweckentfremdet. Laut Wagner zwar kein erhebliches Problem für das ganze Stadtgebiet, aber für besonders betroffene Viertel wie Eimsbüttel ein Ärgernis. „Ich erhoffe mir nun eine gewisse Beruhigung“, so des Bausenators frommer Wunsch.
Für die FDP sind diese Maßnahmen jedoch nur Peanuts: Die geringe Anzahl von Zweckentfremdungen belege, welch geringen Stellenwert die Weisung praktisch hat, ließ die Bürgerschaftsfraktion verlauten. Beim Verein „Mieter helfen Mietern“ weiß man, daß Papier geduldig ist. Mitarbeiterin Karin Assmusen mit gebremstem Optimismus: „Mal sehen, ob sich die schwammigen Anweisungen in der Praxis als brauchbar erweisen.“
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