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Archiv-Artikel

Schnipsen gegen die Armut

Globale Kampagne mit Briefen an die Regierungen. Grönemeyer, Clooney, Pitt & Co. fordern: Mehr Entwicklungshilfe statt Umbuchung auf Regierungskonten

BERLIN taz ■ Einen hellen Ton machen Daumen und Mittelfinger, wenn sie schnipsen. Sänger Herbert Grönemeyer lauscht ihm hinterher. Dann wieder: schnipp. Und drei Sekunden später noch mal. Dann wechselt das Videobild, und HipHop-Mogul P. Diddy übernimmt den Drei-Sekunden-Rhythmus.

Alle drei Sekunden stirbt ein Kind auf dieser Erde an Unterernährung, schmutzigem Wasser, fehlender medizinischer Versorgung. Diesen „Takt des Todes aus Armut“ spürbar zu machen und ihn, wenn möglich, zu verlangsamen, das ist der Sinn der globalen Kampagne „Deine Stimme gegen Armut“, zu der sich Künstler und Entwicklungsorganisationen aus vielen Ländern zusammengeschlossen haben. Reinhard Hermle vom Verband Entwicklungspolitik (Venro) und Herbert Grönemeyer stellten gestern den deutschen Zweig in Berlin vor.

Auch der Chef-Fundraiser unter den Pop-Magnaten, Sänger Bono von der Band U2, macht mit. Ebenso Musikerin Kylie Minogue, die im Hilfe-Business bislang nicht so bekannt ist. Auch die Schauspieler Brad Pitt und George Clooney werden Stimmen ziehen, zumal sie in ihrem Räuberfilm „Ocean’s Twelve“ Erfahrung demonstrierten, wie an das Geld der Reichen heranzukommen ist.

Sie alle rufen auf: „Deine Stimme gegen Armut“. Das heißt: Man soll auf der entsprechenden Internetseite einen Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) abschicken und ihn auffordern, bis Jahresende ein paar Dinge zu erledigen, um die Millenniumsziele der Vereinten Nationen zu erreichen. Fast alle Staaten der UNO haben sich im Jahr 2000 darauf verpflichtet, bis 2015 Armut und Hunger auf der Welt zu halbieren, Aids zurückzudrängen und sechs weitere Kriterien eines menschenwürdigen Leben zu erfüllen. Allein: Die Realisierung vieler Punkte ist in weiter Ferne. Vor allem in den afrikanischen Staaten südlich der Sahara nimmt das Elend zu statt ab.

Daher verlangen Grönemeyer und Hermle, dass die rot-grüne Bundesregierung bis zum UN-Millenniumgipfel im September formell beschließen soll, die Entwicklungshilfe für 2006 auf 0,33 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung zu erhöhen, und zwar in echtem Geld und nicht nur in Gestalt von Umbuchungen auf Regierungskonten. Und sonst? Sonst wird weitergeschnipst. HANNES KOCH

www.deine-stimme-gegen-armut.de