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Archiv-Artikel

Schneller zum deutschen Pass

Senat und Bezirke wollen Einbürgerungen beschleunigen. Ab September soll binnen sechs Monaten über einen Neuantrag entschieden sein. 30.000 Anträge stapeln sich in den Bezirken. Auch die sollen zügiger bearbeitet werden

Berlin will schneller einbürgern. Der Senat und die Bezirke haben sich darauf geeinigt, ab dem 1. September über Neuanträge auf Einbürgerung innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden. Bislang dauern die Verfahren im Durchschnitt ein Jahr, häufig aber auch viel länger. Eine entsprechende Vereinbarung „über den Bestandsabbau, die Verkürzung der Bearbeitungsdauer und die Verfahrensoptimierung in Einbürgerungsverfahren“ haben die Innenverwaltung und die Bezirke jetzt unterschrieben.

Danach sollen zudem jährlich mindestens 14 Prozent der insgesamt 30.000 Anträge abgearbeitet werden, die sich derzeit auf den Schreibtischen der zuständigen SachbearbeiterInnen stapeln. Nach Ansicht der Innenverwaltung sollen die Bezirke dafür kurzfristig Überhangpersonal einsetzen. Festgeschrieben ist das nicht, die Entscheidung liegt bei den Bezirken.

Die Grünen und der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) begrüßten gestern die Vereinbarung. „Das ist der richtige Weg“, sagte der migrationspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Özcan Mutlu. Er forderte die Bezirke auf, alles für die Beschleunigung der Verfahren zu tun. Ähnlich sieht es auch TBB-Sprecher Safter Cinar: „Endlich kommt Bewegung in die Sache.“

Allerdings, so Cinar weiter, mangele es an einigen Stellen an inhaltlichen Festlegungen. „Der Umgang mit den wirtschaftlichen Einbürgerungsvoraussetzungen ist noch offen.“ Um diese gab es in der Vergangenheit häufig Ärger, weil einige Bezirke – zu denen laut Cinar Neukölln und Reinickendorf gehören – sie sehr restriktiv ausgelegt haben. „Mancherorts wird schon negativ entschieden, wenn ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht, auch wenn sie gar nicht bezogen wird“, sagt auch der Grüne Mutlu. Ein Rundschreiben der Innenverwaltung habe da wenig geholfen. Nach der Vereinbarung soll jetzt stadtweit ein „möglichst einheitlicher Standard“ erarbeitet werden.

Die Vereinbarung soll in einem Jahr überprüft werden. Dann wird entschieden, ob die Masse der Verfahren weiter dezentral in den Bezirken bearbeitet wird. Bislang entscheidet die Innenverwaltung nur, wenn kein Anspruch auf Einbürgerung besteht, sondern die Entscheidung im Ermessen der Behörden liegt. Die rot-rote Landesregierung aber liebäugelt mit einem zentralen Einbürgerungsamt. In Berlin haben im vergangenen Jahr 6.600 Menschen einen deutschen Pass bekommen, die Hälfte von ihnen waren Türken.SABINE AM ORDE