: Schnecken im All?
■ Senat gab seit Juni 1989 253 Gutachten in Auftrag
West-Berlin. Wollten Sie nicht auch immer schon mal wissen, wie sich Muscheln und Schnecken so fühlen - irgendwie? Genauso dachte die Umweltsenatorin Schreyer. Weil die grüne Politikerin anders als unsereins eine tatkräftige Frau ist, beließ sie es nicht beim Grübeln („muß ja irgendwie ziemlich schleimig sein, dieses Schnecken-Feeling“), sondern ließ die Frage von Experten untersuchen. 30.000 Mark wendete Schreyer für ein Gutachten über die „Basiserfahrung Berliner Mollusken“ (so der Titel) auf. Was das Ergebnis war, wissen wir nicht. Was wir wissen, ist, daß Schreyers Senatsverwaltung die gutachtengeilste Behörde dieser Stadt ist. Zu verdanken haben wir diese Erkenntnis dem Wissensdrang des SPD-Abgeordneten Behrendt. Er beauftragte keinen Gutachter, sondern richtete an Finanzsenator Meisner eine kleine Anfrage. Und jetzt ist es raus: Schreyers Umweltverwaltung gab für Gutachten fast acht Millionen Mark (genauer: 7.794.604 DM) aus. Ihr Erzrivale Wolfgang Nagel kam mit 4.294.686 Mark gerade mal auf Platz drei. Dafür ist er jetzt - nach Verausgabung schlapper 57.000 DMchen stolzer Besitzer „fotografischer Endlosaufnahmen von Oberflächen von Fahrstreifen“. Auch die Aktivitätsschwerpunkte von Wirtschaftssenator Mitzscherling sind jetzt bekannt. Die Frage der „Stärkung Berlins als Standort für Umweltproduktionen und -dienstleistungen“ ließ er sich 8.774 Mark kosten; 50mal mehr (nämlich 465.000 Mark) ließ er für einen Auftrag springen, der sich der „industriellen Beteiligung an Weltraumprojekten“ widmete. Eigentlich irgendwie logisch, daß die Kosten hier in astronomische Höhe kletterten. Endgültig klären können wir das auf die schnelle natürlich nicht. Aber vielleicht beauftragt uns der Rechnungshof - als Gutachter.
hmt
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