■ Querspalte: Schnäuzer, vereinigt euch!
So ein Schnurrbart, so ein Schnurrbart macht was her. Wenn Dr. Peter Gauweiler schreibt, schreibt er mit Schnurrbart: Deutschland den Deutschen, Meldepflicht für Aidskranke, weg mit den Linken!
So ein Schnurrbart kann auch eine gute Tarnung sein. Vorgestern erst wieder, da wurden die zwei bei konspirativer Tätigkeit in der Bild-Zeitung beobachtet, der Schnurrbart und sein Träger. Ohne diesen prächtigen Schnurrbart hätte man allerdings nur den üblichen galoppierenden Gauweiler-Schwachsinn vermutet.
In seinem Gastbeitrag verglich Gauweiler die Chomeinische Revolution im Iran mit der Französischen von 1789, er fand uns „atheistisch und bindungslos“, lobte dafür den guten Erbakan („übrigens erfolgreicher Absolvent einer deutschen Technischen Hochschule“), weil der „eine religiöse Weltanschauung zur Grundlage seiner Politik gemacht“ habe, und erkannte schließlich messerscharf, daß wir mit unserer „westdeutschen Multikulti-Hysterie“ schon längst „auf dem Treibsand der westlichen Moderne“ stünden. Das Abendland, soviel lernen wir aus dieser ziemlich schnurrbärtigen Blitzanalyse, das Abendland geht ganz schnell unter. Die Katastrophe wäre allenfalls aufzuhalten, wenn wir uns auf die christlichen Werte des pp. Abendlandes besännen oder am besten sofort zur Hadsch nach Mekka aufbrächen. Wenn wir nicht fromm werden und so gottesfürchtig wie die Brüder im Iran und in der Türkei, können wir gleich einpacken.
Der Schnurrbart hat gesprochen, und Widerrede wird mit Revolutionstribunal bestraft. Vorsitzender Richter: Dr. Peter Gauweiler. Als Schöffen beigeordnet: der ehrwürdige Herr Dipl.-Ing. (TH) Erbakan und der noch viel ehrwürdigere Menschenrechtsexperte aus der allerheiligsten Stadt Ghom, Herr Chomeini. Urteile würden nicht mehr im Namen des Volkes, sondern dem Allahs verkündet, und am Nachmittag könnte man schon mal den Gottesstaat ausrufen. Schnurrbartträger aller Länder, vereinigt euch! Willi Winkler
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