: Schmieriger Journalismus
■ betr.: "Wolf in Palermo" (Zum Modello-Literaturpreis für Christa Wolf), taz vom 20.9.90
betr.: „Wolf in Palermo“ (Zum Modello-Literaturpreis für Christa Wolf), taz vom 20.9.90
„Wolf in Palermo“ von Frieder Reininghaus ist ein gutes Beispiel für schmierigen Journalismus, schmierig deshalb, weil durch Wortwahl und -kombination Assoziationen suggeriert werden, die mit dem Minimum von „Bericht“ in keiner Relation stehen außer in der der Böswilligkeit. Das nennt man auch Denunziation und damit liegt Reininghaus super im Trend.
Ich will das belegen: Die Preisträgerin wird ins Rampenlicht „geschoben“ (wie eine Puppe, die nicht allein gehen kann). „Eifrig versichert sie sogleich...“ (Sie drängt sich mit vorauseilendem Eifer zur Aussage). Dadurch bekommt die ganz normale Zustandsbeschreibung „das läuft immer wie ein Film dahinter ab“, einen peinlichen Beigeschmack (als ginge sie ständig mit ihrer Heimat schwanger und müßte sie wie einen Bauch vor sich hertragen, damit auch alle dran glauben). Der Showmaster spricht von „annexione e fusione“. Nun soll Christa Wolf erklären, daß das nicht stimmt („nicht von der Bundeswehr überfallen...“ etc., was er gar nicht gesagt hat). Wieso denn? Sie sagt ihre Meinung: „zu schnell..., „lieber Föderation“. Das ist eine Stellungnahme, die hierzulande sehr unbeliebt ist und Attacken auf sich zieht, jedenfalls kein „Ausweichen“.
Und was sollen die dämlichen Assoziationen hinter dem Satz „daß vielleicht der Freundschaft zu Osteuropa Türen geöffnet werden“? „Spricht sie gar für diese Völker“, „...meint unterschwellig...“, „hat nun eben wieder einmal die richtigen Worte nicht gefunden. Sie äußert einen Wunsch, so what? Mit dem „Bemühen der Sprache um die Wahrheit“ sollte Reininghaus es lieber mal ernster nehmen, wenn er überhaupt weiß, was das ist. Dieser Artikel enthält eigentlich nichts außer dem Ärger im westdeutschen Blätterwald, daß das Ausland die Hexenjagd auf Christa Wolf partout nicht mitmachen will. Ein mieses Machwerk — schäm dich, taz! Ruth Rehmann, Trostberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen