piwik no script img

Schlimmer geht's kaum

■ Nach dem 0:1 gegen St. Pauli gesteht Kölns Coach Neururer eine „kleine Krise“

Köln (taz) – Normalerweise ist es unehrenhaft für Fußballanhänger, ein Spiel weit vor der Zeit des Abpfiffs zu verlassen. Zumal wenn es gerade mal 0:1 steht. Aber die Ströme von wütenden Kölnern, die am Sonnabend ab 17 Uhr das ohnehin weitgehend leere Müngersdorfer Stadion verließen, hatten ausnahmsweise einmal recht getan. „Selbst wenn wir bis Mitternacht gespielt hätten“, erkannte auch Trainer Peter Neururer, „hätten wir nicht getroffen.“ Im Spiel gegen den seit sieben Spielen sieglosen FC St. Pauli machte kein Kölner den Einruck, als sei es sein Wunsch und Wille, zu gewinnen. Vergeblich hatte die Südkurve mit der freundlichen Aufforderung „Wir woll'n jetzt Fußball sehn“ versucht, die Mannschaft zu motivieren.

Und so war Neururer ungehalten. Fast schon traurig. Als wenn ihn ein Bänderriß im rechten Sprunggelenk, die Rückenschmerzen vom Humpeln und ein taub herumschlenkernder rechter Arm nicht schon genug quälten, ist nun auch noch die Mannschaft eine „große Enttäuschung“, mit der er sich „nicht identifizieren“ mag und die des 1. FC Köln „unwürdig“ ist.

Es mag aus seinen verflossenen Schalker Zeiten herrühren und daher, daß er als Junge selbst FC-Fan war, daß Neururer so viel auf Vereinsehre hält. Der 1. FC Köln von heute verdient diese Wertschätzung nur in sehr überschaubaren Maßen. Die Phantasielosigkeit und Fehlerquote der Mannschaft bei ihrer dritten Niederlage in Folge entsprach in etwa dem Mangel an Ideen, die die Funktionäre für die Entwicklung des Vereins ausbrüten. Wörter wie „Vision“ oder auch nur „Konzept“ sind in Köln geeignet, die Klubführung vor Schreck erstarren zu lassen. Oder auch vor Unkenntnis.

Lieber wird versonnen geträumt. Selig hatte der FC nach kurzfristiger Tabellenführung zu Saisonbeginn die Illusion vom Uefa-Cup-Platz bis über die Winterpause gerettet. Allerspätestens diese Niederlage gegen den FC St. Pauli, zuvor in der Saison erst einmal auswärts siegreich, hat die Kölner wieder geerdet. Die Spieler sind geknickt, die Funktionäre beleidigt, der Trainer sieht eine „kleine sportliche Krise“. Das ist alles nicht schön für die sensible rheinländische Seele, die nichts so gut meidet wie die Wirklichkeit. Zumal wenn die nicht mal dramatisch ist: Rang 9 – Mittelmaß. Blaß und belanglos. Schlimmer geht's kaum. Katrin Weber-Klüver

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen