: Schlechte Karten für Patienten
Bayerns Zahnärzte behandeln nur auf Rechnung. Ministeriums-Ultimatum läuft ab
MÜNCHEN taz ■ Wenn dieser Streit etwas Gutes haben sollte für die Patienten, dann das: Man erfährt endlich mal, was die einzelnen Behandlungen beim Zahnarzt kosten. Einmal Zahnbelag entfernen – 16,25 Euro, eine Füllung – 18,05 Euro, indirekte Überkappung zur Kariesbehandlung – 22,57 Euro. Steht alles auf der Rechnung, die Patienten der bayerischen Ersatzkassen seit dieser Woche in der Praxis in die Hand gedrückt bekommen.
Denn der Kassenzahnärztliche Verband Bayern (KZVB) hat seine Mitglieder aufgefordert, die Chipkarten von DAK, Barmer, KKH und weiteren Ersatzkassen nicht mehr zur Abrechnung anzunehmen. Wer nun zum Arzt geht, erhält eine detaillierte Rechnung, die er anschließend bei seiner Kasse einreichen kann. Zu dieser Maßnahme haben die Ärzte gegriffen, weil sie sich seit über drei Jahren mit den Ersatzkassen in Bayern streiten.
Das dafür zuständige Schiedsamt hatte Ende 2002 einen Entscheid vorgelegt, der aber vom Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde der Ersatzkassen als nicht angemessen zurückgewiesen wurde. Eine neue, verbindliche Honorarregelung kam demnach nicht zustande, und nun schieben sich KZVB und Ersatzkassen den schwarzen Peter gegenseitig zu. Ein Sprecher der DAK erklärt, dass „wir bis zum Jahr 2000 um 20 Prozent höhere Behandlungskosten als die AOK oder die Betriebskrankenkassen gezahlt haben. Davon wollen wir runter.“
Bei den Zahnärzten hält man diese Forderung dagegen für absurd, da bereits die bislang gezahlten Honorarsätze die Behandlungskosten für ein Quartal nicht voll abdeckten. Mittlerweile hat die bayerische Sozialministerin Christa Stewens (CSU) einen Zwangsbescheid gegen die KZVB erlassen, der die Ärzte verpflichtet, bis Ende dieser Woche die Abrechnung per Chipkarte wieder aufzunehmen. Stewens droht der Standesvereinigung mit Zwangsverwaltung durch einen Staatskommissar.
KZVB-Sprecher Hans Glatzl sieht dem Besuch aus dem Ministerium indes gelassen entgegen: „Was soll der machen? Der kann die Ärzte ja auch nicht zwingen“ – und über 90 Prozent der Zahnärzte gleichzeitig könne man auch nicht mit Zulassungsentzug drohen. Am Wochenende wollen Vertreter von Ärzten und Ersatzkassen im Sozialministerium noch einmal verhandeln.
JÖRG SCHALLENBERG