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Schlappe für Militärherrscher

Überraschend deutlich unterliegt der Juntachef Robert Guei bei den Präsidentenwahlen in der Elfenbeinküste. Jetzt erwägt er, die Wahl vom Obersten Gericht annullieren zu lassen, aber Frankreich erkennt den Sieg seines Hauptgegners Gbagbo an

von DOMINIC JOHNSON

Robert Guei, Militärherrscher der Elfenbeinküste, ist offenbar nicht bereit, seine sich abzeichnende Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen vom vergangenen Sonntag zu akzeptieren. Nach Angaben der französischen Regierung will Guei vom Obersten Gericht der Elfenbeinküste die Wahl annullieren lassen. Den vorliegenden Teilergebnissen zufolge lag Guei gestern nach Auszählung von über der Hälfte der Stimmen bei 26,8 Prozent. Dagegen lag Laurent Gbagbo, Führer der an der Militärregierung beteiligten sozialistischen Partei „Ivoirische Volksfront“ (FPI), mit 65,6 Prozent vorn. Die Wahlbeteiligung wurde mit 31,3 Prozent ermittelt.

Nachdem zunächst für gestern Mittag ein offizielles Endergebnis angekündigt worden war, begab sich der Leiter der staatlichen Wahlkommission, Honoré Guié, stattdessen in eine Sitzung mit hohen Militärs. Guié hatte sich am Montag den Zorn des Militärs zugezogen, als er noch vor Ende der Auszählung die ersten für Guei peinlichen Teilergebnisse veröffentlichte. Danach drangen 30 Soldaten in das Gebäude der Wahlkommission ein und unterbrachen die Zählung. Guié trat später im Fernsehen auf, um seine Verhaftung zu dementieren. Mittlerweile hatten Soldaten Proteste in Abidjan gewaltsam unterbunden.

Gbagbo, langjähriger Gegner aller Regierungen der Elfenbeinküste, war als einziger ernst zu nehmender Gegenkandidat Gueis zu den Wahlen zugelassen worden und zog offenbar auch viele Stimmen von Wählern, deren Lieblingskandidaten nicht antreten durften. In den Tagen vor der Wahl hatten sich die führenden Intellektuellen der Elfenbeinküste für Gbagbo ausgesprochen. Der hat nun Juntachef Guei aufgefordert, ihm die Macht friedlich zu übertragen. Die entscheidende ausländische Unterstützung hat Gbagbo auch schon: Frankreichs regierende Sozialisten haben seinen Sieg anerkannt.

Gbagbo hatte bereits vor der Wahl angekündigt, auf jeden Fälschungsversuch mit Massenprotesten nach jugoslawischem Muster zu reagieren. Dafür braucht er aber die Unterstützung seiner nicht zur Wahl zugelassenen Rivalen, vor allem von Oppositionschef Alassane Ouattara. Der sagte am Montag, die Wahl – und damit auch ein Sieg Gueis – sei „illegitim“.

Dennoch ist Gueis Niederlage zu eindeutig, als dass sie ihm jemand durchgehen lassen könnte – außer das Oberste Gericht, das als Guei-freundlich gilt. Dass der Militärmachthaber so haushoch verlor, hat mit zwei Neuerungen beim Wahlmodus zu tun. Zum ersten Mal standen alle Kandidaten auf einem Stimmzettel, den der Wähler ankreuzen muss – bisher war es in der Elfenbeinküste üblich, dass es pro Kandidat einen Zettel gab, von denen einer in die Urne geworfen wurde. Eine andere Neuerung war, dass Vertreter aller Parteien in jedem Wahllokal ein beglaubigtes Auszählungsprotokoll bekamen, bevor die Ergebnisse an die zentrale Wahlkommission weitergeleitet wurden. Das verhindert Fälschungen an zentraler Stelle und hatte bereits im März in Senegal einen demokratischen Machtwechsel ermöglicht.

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