: Schlagerfrust
Das hat er nun davon: Joachim Deutschland, bei der NDR-Pressekonferenz am Montag den Hintern entblößender Flegel im deutschen Grand-Prix-Feld, hatte in einem seiner anderen Lieder unter dem Titel „Die Stoibers“ Unflätigkeiten formuliert, die den NDR bewogen, ihn aus der Konkurrenz zu werfen. Eine Zeile wie „Du Schlampe, du Drecksau, ich hoffe, es geht dir schlecht“ sei inakzeptabel. Auch der Hinweis des Interpreten, sein Text möge ironisch verstanden werden, bewirkte nichts: Seine Show muss draußen bleiben, seine Viertelstunde Berühmtheit hatte er ja. Die Plattengesellschaft des Stuttgarters erklärte derweil, keinen Ersatzsong zu nominieren. Vierzehn Lieder bleiben also noch im Rennen.
Dieter Thomas Heck, der angelegentlich seines 65. Geburtstages Ende vorigen Jahres ankündigte, die ZDF-Hitparade wiederzubeleben, aber mit dieser Idee nirgendwo auf Resonanz stieß, empörte sich über den Grand Prix: „Das kann doch nicht wahr sein, was für Leute da auftreten und singen sollen.“ Manfred Knöpke von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlager äußerte, der Grand Prix sei schlagerfeindlich und gehöre boykottiert. Der NDR gab die Kritik an die Musikindustrie weiter: Die habe keinen klassischen Schlager nominiert – was darauf schließen lasse, dass die Branche sich von dieser Musik keinen Umsatz mehr verspreche.
Offen blieb bei beiden Freunden des Rumtata-Liedguts, ob sie am liebsten das mafiose System früherer Grand-Prix-Vorentscheidungen wiederhaben wollen: also schlagerästhetischer Lobbyismus zum Wohle der deutschen Menschheit. Weitere Verschnupftheiten der Musikkonservativen dürfen erwartet werden.