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Schlag gegen Rote Brigaden?

■ Neun Festnahmen in Rom und Paris / Angeblich Kopien von Bekennerschreiben zu versuchtem Tietmeyer-Attentat gefunden / Die Polizei spricht von einem „internationalem Pakt“ der Terrorgruppen

Rom/Paris (afp/taz) - Bei der Festnahme von fünf mutmaßlichen italienischen Terroristen am vergangenen Samstag in Paris wollen die französischen Sicherheitsbehörden auch Kopien von Bekennerschreiben zu dem versuchten Anschlag auf den Bonner Staatssekretär Hans Tietmeyer gefunden haben, die gemeinsam von der RAF und den Roten Brigaden unterzeichnet waren. Daneben sollen auch Bekennerschreiben zu der Ermordung des christdemokratischen italienischen Senators Roberto Ruffili im April 1988 und zu einem Raubüberfall auf einen Geldtransporter in Rom entdeckt worden sein, bei dem zwei Polizisten getötet worden waren. Nach Polizeiangaben wurden die Dokumente zusammen mit Waffen, Munition, gefälschten Ausweispapieren und 2.000 Seiten starken Unterlagen mit Hinweisen auf mögliche neue Attentate in der Pariser Unterkunft von fünf mutmaßlichen Mitgliedern der „Kämpfenden Kommunistischen Partei“ (PCC) entdeckt.

In Polizeikreisen wurde die jüngste Festnahmeaktion in Frankreich und Italien als Schlag gegen die neue Struktur der italienischen Roten Brigaden gewertet. Sie habe wichtigen Aufschluß über den „internationalen Pakt“ der Terroristenorganisationen - insbesondere zwischen den Rotbrigadisten und der deutschen Rote Armee Fraktion (RAF) mit seinen Verbindungen zu nahöstlichen Gruppen gegeben.

Am Dienstag abend war in Rom ein mutmaßliches Mitglied der palästinensischen Terrorgruppe Abu Nidal, Khaled Tamer al -Birawi, verhaftet worden. Er soll direkten Kontakt zu Rotbrigadisten gehabt haben. Ebenfalls am Dienstag wurden in Rom, Neapel und Viareggion (Toskana) eine Frau und zwei Männer verhaftet, die zu dem unter dem Namen „Kämpfende Kommunistische Partei“ (PCC) bekannten „internationalen Zweig“ der Roten Brigaden gehören sollen. Die italienische Polizei, die zwei Verbindungsoffiziere im französischen Innenministerium sitzen hat, vermutete die fünf jetzt in Frankreich gefaßten Italiener bereits seit einigen Monaten in Paris.

Der entscheidende Hinweis kam einen Tag vor der Festnahme durch die in Rom erfolgte Verhaftung eines anderen mutmaßlichen Rotbrigadisten. Die Roten Brigaden hatten sich vor fünf Jahren nach einer Serie von Festnahmen in ihrer Führung wegen Uneinigkeit über die Taktik der Organisation in die PCC und den „nationalen Flügel“ der „Kämpfenden Kommunistischen Union“ (UCC) gespalten. Damit entstand die „neue Struktur“ aus jungen Mitgliedern, die der Polizei bisher gar nicht oder nur wenig bekannt sind. Die radikalere PCC, die innerhalb der Organisation die Mehrheit stellt, soll nicht nur Verbindungen zur RAF, sondern auch zur französischen Action Directe haben.

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