: Schiebereien im Uranhandel: Swap
■ Die Praxis des Etikettentauschs im internationalen Uranhandel - im Jargon der Uranhändler „Swapping“ - wurde erstmals Mitte Februar bekannt, als das Nachrichtenmagazin Der Spiegel einige Fälle dokumentierte
Bei den sogenannten Ursprungs–Swaps geht es zunächst um die Umgehung von Handelsembargos, die sich insbesondere gegen Uranlieferungen aus Südafrika und Namibia richten. Länder wie die USA, die UdSSR, Kanada und Australien verweigern grundsätzlich eine nukleare Zusammenarbeit mit dem Apartheidstaat. Beispielsweise darf Uranhexafluorid südafrikanischer Herkunft nicht in der Sowjetunion angereichert werden. Die Außenminister der Europäischen Gemeinschaft haben 1985 ebenfalls das Verbot jeder neuen Zusammenarbeit mit Südafrika im Nuklearbereich beschlossen. Die Europäische Atomgemeinschaft darf umdeklariertes Uran nur dann an Drittstaaten weiterliefern, wenn diese ihr ausdrückliches Einverständnis erklären. Dann sind auch Handelsauflagen betroffen, die eine Reihe von Uranförderstaaten an ihre Lieferungen knüpfen. Beispielsweise exportiert Australien vor allem aus innenpolitischen Gründen Uran grundsätzlich nur für „friedliche“ Zwecke, also zum Einsatz in Atomkraftwerken. Die Anreicherung austra lischen Urans auf über 20 Prozent des Isotops Uran–235 beziehungsweise bis zur Atomwaffentauglichkeit bedarf etwa im Handel mit der Europäischen Gemeinschaft dem „schriftlichen Einverständnis“ der australischen Regierung. Mit Auflagen behaftetes Uran ist auf dem Weltmarkt billiger zu haben. Durch einen Ursprungs–Tausch wird es „frei“ verwendbar und steigt damit im Wert. Ein lukratives Geschäft für die Uranhändler. Die Europäische Gemeinschaft hat die Uran–Swaps in der Vergangenheit ebenso als „grundsätzlich legal“ gewertet wie das Bundesforschungsministerium. Dadurch würden Kosten im Uranhandel eingespart und unnötige Transporte vermieden. Diese offizielle Einschätzung hinderte Euratom indes nicht daran, den Nukem–Uranhändlern vorzuschlagen, bei künftigen Swaps auch einmal „den legalen Weg versuchshalber einzuschlagen“. Der FDP–Politiker Burkhard Hirsch hingegen empörte sich, mit den Schiebereien werde „eine weitere Säule der friedlichen Nutzung der Kernenergie mutwillig zerstört“. Undurchsichtig blieb bisher die Rolle der „hintergangenen“ Staaten. Während sich die USA und Kanada nach den Veröffentlichungen über die Verschiebe–Praxis im Februar wochenlang in Schweigen hüllten, ordnete die australische Regierung halbherzig eine Untersuchung der Vorgänge durch ihre Botschaften in Bonn, Brüssel und Wien (Sitz der internationalen Atomenergiebehörde, IAEO) an. Gleichzeitig wiegelte sie ab: Es gebe bisher keinerlei Hinweise, daß es sich bei den Swaps um mehr als normale Handelsoperationen handele. Der Verdacht lag deshalb nahe, daß die „Auflagenländer“ die Umgehung ihrer Exportbedingungen bisher augenzwinkernd zuließen, um nicht auf ihren Lieferungen sitzen zu bleiben. Der jetzt aufgedeckte Handel bringt insbesondere die Sowjets unter Zugzwang. Sie vor allem müssen sich hintergangen fühlen ... Aber auch sie verdienen gut an der Urananreicherung, ob das Uran nun - wie es in den Papieren steht - aus Namibia stammt oder aus Südafrika. Gerd Rosenkranz
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