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Schatten auf Herzogs Afrika-Reise

■ Heute soll der Bundespräsident, aus Uganda kommend, in Äthiopien eintreffen. Werden Klagen von Oppositionsgruppen über die schlechte Menschenrechtslage dort auf taube Ohren stoßen?

Berlin (taz) – Bundespräsident Roman Herzog reist heute nach Äthiopien, Höhepunkt seiner insgesamt drei Länder umfassenden zweiwöchigen Afrika-Reise. Mehrere äthiopische Oppositionsgruppen im Exil haben ihn aufgefordert, zu den dortigen Menschenrechtsverletzungen Stellung zu nehmen. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation amnesty international sind in Äthiopien „Tausende vermeintliche Regierungsgegner“ in Haft. Die „Oromo-Studentenvereinigung in Europa“ spricht in einem Brief an Herzog von einem „militärischen Besatzungsregime“ und befürchtet, daß der Herzog-Besuch „manipuliert“ werden könne, „um die Realität zu verfälschen“. In der Oromo-Region, die einen Großteil Zentraläthiopiens umfaßt, kämpft die Guerillabewegung „Oromo- Befreiungsfront“ (OLF) gegen die Zentralregierung und auch gegen die unter wenig demokratischen Bedingungen gewählte Regionaladministration.

Andere Gruppen appellieren an den Bundespräsidenten, sich für die „Oromo Relief Association“ (ORA) einzusetzen – eine in den Zeiten des Bürgerkrieges gewachsene Hilfsorganisation für Oromo- Kriegsflüchtlinge, die noch heute in der Oromo-Region eine wichtige Rolle bei der Grundversorgung der Bevölkerung spielt. Sie wurde im vergangenen Jahr verboten. Nach Angaben des evangelischen Berliner Missionswerkes verrotten seitdem in versiegelten Lagerräumen 3.500 Tonnen Hilfsgüter, die von der EU für notleidende Menschen in der Oromo- Region bereitgestellt worden sind. „Wenn der Herr Bundespräsident fünf Kilometer außerhalb der Hauptstadt fährt, kann er die Realität sehen“, so ein Oromo-Vertreter in Deutschland gegenüber der taz. Herzog wird sehr wohl die Hauptstadt verlassen, allerdings nicht die Oromo-Region besuchen, sondern die Tigre-Region, Heimat der EPRDF-Führung.

Die Klagen der Opposition werden ihm trotzdem zu Ohren kommen: Am kommenden Samstag morgen ist ein Treffen Herzogs mit „Vertretern verschiedener politischer Gruppierungen und Regionen Äthiopiens“ in der Hauptstadt geplant, an dem nach amtlichen Angaben zwei der OLF „nahestehende“ Personen, ein „Sprecher der Oromo-Ältesten“ und andere Oppositionsvertreter teilnehmen sollen. Äthiopischen Oppositionsberichten zufolge sind jedoch einige Personen, die ursprünglich für diesen Termin vorgesehen waren, verhaftet worden. Unter ihnen befinden sich angeblich Marga Gudina, Führungsmitglied der in den 60er Jahren gegründeten Oromo- Selbsthilfeorganisation „Macha- Tuullama“, und seine Ehefrau. Dominic Johnson

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