■ Mit der Concorde-Konkurrenz auf du und du: Schall und Knall
Berlin (taz) – Bald soll es wieder knallen: Zwei Gruppen von Ingenieuren entwickeln neue Überschallflugzeuge. Genau wie Ende der 60er Jahre findet auch heute wieder ein Wettlauf der Concorde-Hersteller gegen einen harten Konkurrenten statt. Damals saßen die Kontrahenten der Briten und Franzosen in der Sowjetunion, heute bei Boeing und McDonnell Douglas in den USA.
Einig sind sich Verkehrspolitiker und Konstrukteure, daß es einen Bedarf für die neue Flugzeuggeneration gibt. Über dem Pazifik erwarten sie in den nächsten 20 Jahren eine Vervierfachung des Flugverkehrs und über dem Atlantik eine Verdopplung. Um eilige Geschäftsleute und Touristen zu transportieren, sollen dann 500 oder gar 1.000 Überschallflieger in 18 bis 20 Kilometern Höhe unterwegs sein. Ökologen prognostizieren allein dadurch eine globale Reduzierung des überlebensnotwendigen Ozons in der Stratosphäre um 20 Prozent.
Der in den USA mit Hilfe der Nasa entwickelte Flieger firmiert unter „High Speed Civil Transport“ (HSCT). Schon in zehn Jahren soll er mit 2.800 Stundenkilometern unterwegs sein. 300 Passagiere werden darin einen Sitzplatz finden. Und erst nach 11.000 Kilometern muß der Jet zum Tanken zur Erde zurück. Etwa zwei Milliarden Mark Entwicklungskosten sollen allein bis zur Jahrtausendwende in das Projekt gepumpt werden.
Die Briten und Franzosen, die inzwischen auch die Daimler-Tochter Dasa mit an Bord genommen haben, wollen ihre neue Concorde für die langen Pazifikrouten fit machen. Das alte Modell kommt nur 5.000 Kilometer weit ohne Spritzufuhr und verkehrt deshalb lediglich zwischen New York und Europa. Die Concorde der Zukunft soll dagegen doppelt so weit ohne Stopp unterwegs sein können und 250 Fluggäste transportieren. Mit 2,2facher Schallgeschwindigkeit– also etwa 2.600 Stundenkilometern – ist sie kaum langsamer als der HSCT, versprechen die Ingenieure. Doch ob aus ihren Wunschplänen tatsächlich etwas wird, ist inzwischen fraglich. Denn im Gegensatz zu den USA fließen in Europa die Forschungsgelder für die Überschallflugzeuge spärlich; die Entwicklung des neuen Airbus erscheint den beteiligten Regierungen offenbar dringlicher.
Knallen aber wird es künftig selbst dann, wenn es beim Kampf um die neue Generation von Überschallflugzeugen einen eindeutigen Sieger geben sollte. Denn die Lärmbelästigung beim Durchbrechen der Schallmauer ist technisch in keinem Fall zu verhindern – die Naturgesetze stehen dagegen. Annette Jensen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen