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Schäferhundchampionade mit Chappi

Internationale Schönheitskonkurrenz der deutschen Schäferhunde im Bremer Weser-Stadion / 40.000 BesucherInnen / „Mutterland der Rasse“ setzt Maßstäbe / Vereinspräsident darf als Preisrichter eigenes Zuchtprodukt küren  ■  Aus Bremen Barbara Debus

Drei zackige deutsche Worte hat der Herr aus Thailand noch immer parat: „Komm“, „Sitz“ und „Platz“. Diese Vokabeln prägten sich ihm tief ein, als er vor zehn Jahren zum ersten Mal deutsche Schäferhunde nach Thailand importierte und sie zu kommandieren suchte. Der asiatische Hundehalter ist sehr zufrieden mit seinen gelehrigen deutschen Importen, gehorchen sie ihm mittlerweile doch auch bei „nang“ und „moab“. Am Wochenende sah er sich wieder mal beim jährlichen „Weltchampionat“ in der Bundesrepublik nach gutgewachsenen, cleveren Zuchtprodukten um - als einer von 40.000 BesucherInnen rund ums Bremer Weser-Stadion.

Schweiß bei Herr und Hündchen

Das vierbeinige Objekt seiner Begierde, der „Deutsche Schäferhund“, war dort in 1.519facher Ausfertigung vorhanden. In „Ring 3“ traben ca. 30 schwitzende Hundeführer mit ebensovielen angeleinten Jungrüden schweißtreibende Runden um einen mäkelnden Preisrichter herum. Hinter der zugehörigen Zuschauerbarriere wiederum drehen die Besitzer und HalterInnen noch viel verbissenere Runden, um „ihren“ Hund zum Weitertraben zu animieren. Ein ausgewachsener Züchter schnalzt dem Hund aufmunternde individuelle Laute zu Gehör, ein anderes Herrchen spornt seinen „Maikel“ mit einem verführerischen „lecker, lecker, lecker“ an. Eine hochgewachsene Dame trägt im Dauerlauf den Köder vor sich her, ein kleines Plastikeimerchen mit dem Hundeleibgericht. Kein Zweifel: Mit soviel Einsatz hat noch kein Bundesligatrainer im Weser-Stadion seine teuren Profis angefeuert.

Das „Weltchampionat“, das am Wochenende in Bremen abgehalten wurde, ist schließlich die größte internationale Schönheitskonkurrenz für Deutsche Schäferhunde. Dieses Championat wird nur noch übertroffen von der alljährlichen „Weltmeisterschaft“, bei der es mehr um Leistung und Ausbildungsstand geht als um das 1a-Gebiß und die tadellose Körperhaltung.

„Das Mutterland der Rasse setzt die Maßstäbe“, stellte der Pressesprecher des „Vereins für Deutsche Schäferhunde (SV) e.V.“ in Bremen klar. Die Verdienste um die Rasse schrieb er den Züchtern sowohl in Deutschland-Ost als auch in Deutschland-West zu gleichen Teilen zu: Jenseits ideologischer Differenzen und trotz eingeschränkten Reiseverkehrs setze sich beim „Deutschen Schäferhund“ das gesamtdeutsche Züchterkönnen durch.

„Hund müßte man sein“

Für „Uran vom Wildsteigerland“ und die Auswahl seiner formschönsten Nachkommen reichte die Aschenbahn im Stadionrund am Samstag gerade aus. Der stolze Vater ist als Weltchampion einer der begehrtesten und bestbezahlten Deckrüden. Laut Vereinssatzung darf zwar selbst ein zweifacher Champion nicht mehr als 60mal im Jahr Hündinnen „belegen“ - aber das Gebot wird gerne übertreten, verdient doch ein Eigentümer 800 Mark bei jedem auch noch so lustlosen „Deckakt.

Etliche Zuschauer neiden den Deckrüden ihr polygames Wirken. Ein Südhesse kommentierte den Auftritt des vielbeschäftigten „Uran“: „Der hat die meisten und die schönsten Mädchen. Hund müßte man sein.“

Deutsche Züchtermafia fürchtet die Japaner

Beim Rundlauf auf der Aschenbahn des Stadions wurde jeder der über hundert „Uran„-Nachkommen von einer FührerIn an der Leine gezerrt - für LaiInnen allerdings nahm sich das Fell der Hunde mindestens so einheitlich aus wie die Trainingsanzüge der FührerInnen. Für den südhessischen Züchterprofi war die Sachlage auch ohne Fernglas meist klar. Der dritte von vorne, die Nummer 1244, stach heraus: „Der is uffmerksam, ruckzuck is der im Trab drin.“ Ein Junghund in mittlerer Position dagegen fiel in Ungnade: „Dem schlackern die Ohrn. Der zieht den Schwanz ein. Der kann net richtig laufen, der hubbelt.“ Doch schlaffe Ohren - die müssen nicht sein. Der Züchter kennt die Tricks. Die Herrchen und Frauchen müssen sich hinter den beiden Toren postieren, damit die Hunde auf der Stadiongeraden aufmerksam, die Ohren gespitzt, den Kopf erhoben, die Beine durchgetreten Richtung ZüchterIn streben. Sie wissen aber auch, daß die besten Züchterkünste und Ausstellungstricks nicht zu vorderen Plätzen verhelfen: „Das ist eine Mafia. Die großen Zwinger tun sich nichts und machen die ersten Plätze unter sich aus.“ Vorsitzender dieser „Züchter-Mafia“ ist der Präsident des „Vereins für Deutsche Schäferhunde“, Hermann Martin. Er ist in Personalunion nicht nur Besitzer eines führenden Zwingers - „Arminius“ - sondern auch Preisrichter. Als ein solcher setzte er bei den Weltchampionaten 1986 und 1987 seinen Spitzenrüden „Quando von Arminius“ eigenhändig an die Spitze.

Die deutschen Großzüchter sehen ihr Oligopol in Zukunft höchstens von einer gelben Gefahr bedroht. Die Abgesandten der japanischen Zwinger knipsen ihnen zu viel und zu genau auf den deutschen Leistungsschauen: „Wir wollen denen aber nicht den Vorwurf des Plagiats unterstellen.“

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