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Satirepartei „Die Partei“ im BundestagMarco Bülow jetzt Spaßpolitiker?

„Die Partei“ will am Dienstag den Übertritt eines Bundestagsabgeordneten verkünden. Es könnte sich um den parteilosen Ex-SPDler Bülow handeln.

Marco Bülow bei der Montagsdemo für Klimaschutz im September Foto: POP-EYE/Stefan Mueller/imago

Berlin taz | Die Satirepartei „Die Partei“ bekommt offenbar ihren ersten Bundestagsabgeordneten. Am Dienstag will sie nach eigenen Angaben den Übertritt eines Abgeordneten bekannt geben. Dabei könnte es sich um Marco Bülow aus Dortmund handeln, der im November 2018 aus der SPD ausgetreten war und seitdem als Parteiloser im Bundestag sitzt.

„Die Partei“ hatte schon in der vergangenen Woche eine Pressekonferenz für diesen Dienstag angekündigt. 15 Jahre nach der Parteigründung ziehe die Partei in den Bundestag ein, heißt es in der Einladung. Und weiter: „Ein Abgeordneter tritt öffentlich in die PARTEI ein und erhält vor Ort seinen PARTEI-Ausweis.“ Stattfinden soll der Termin in Anwesenheit des Parteivorsitzenden Martin Sonneborn um 13 Uhr vor dem Reichstagsgebäude.

Am Montag kündigte auch Bülow seine Teilnahme an. „Der 17.11. ist P-Day. Ich bringe ab jetzt Verstärkung in den Bundestag. Was das bedeutet, erfahren Sie morgen um 13 Uhr öffentlich. Es wird einige spannende Bilder geben“, schreibt er in einer Pressemitteilung. Nachfragen dazu beantwortete sein Büro am Montag nicht.

„Die Partei“ wurde 2004 von Sonneborn und anderen Redakteuren des Satire-Magazins Titanic gegründet. Mittlerweile hat sie nach eigenen Angaben über 50.000 Mitglieder und Mandate in mehreren Kommunalparlamenten. Sonneborn selbst zog 2014 ins EU-Parlament ein. Bei der Europawahl 2019 holte sie 2,4 Prozent der Stimmen und damit einen zweiten Sitz im Parlament, den der Satiriker Nico Semsrott eingenommen hat. Überdurchschnittlich erfolgreich schneidet „Die Partei“ in Großstädten, bei Erstwähler*innen und im linksalternativen Milieu ab.

Bülow will 2021 wieder antreten

Bülow sitzt seit 2002 im Bundestag und wurde in seinem Dortmunder Wahlkreis als SPD-Kandidat stets direkt gewählt. Der Parteilinke haderte allerdings häufig mit dem Kurs der SPD, etwa beim Klimaschutz oder in der Sozialpolitik. Als Gegner der Großen Koalition stimmte er 2018 gegen eine erneute Kanzlerinnenschaft Angela Merkels. Ein halbes Jahr später verkündete er dann seinen Austritt aus Partei und Fraktion.

Bei der Bundestagswahl 2021 möchte er erneut als Direktkandidat antreten. Auf seiner Webseite sammelt er dafür bereits Spenden und Unterstützungsunterschriften. Sein zentrales Versprechen dort lautet: „Echte Demokratie statt Lobbyrepublik“.

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10 Kommentare

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  • Manche Themen sind nur besoffen zu ertragen. Oder mit viel Humor. Das heißt aber nicht, dass man ein solches Thema für einen Witz hält.

  • Sonneborns Partei ist satirefähig, aber keine Spaßpartei.



    Man sehe sich das Gespräch in "Jung und naiv an"



    ( schleichwerbung )

    www.youtube.com/watch?v=rdE5k5_6jv4

  • Ich finde die Überschrift auch unpassend. Bülow dessen Eintritt in die Linkspartei ich eher erwartet hätte, tritt in keine plumpe Spaßpartei ein.Die satirischen Spitzen bei Sonneborns Reden im Europaparlament sind durchaus bemerkenswert und kein einfacher Spaß. Außerdem ist die Partei konsequent antifaschistisch aufgestellt,was sie absolut ernsthaft durchziehen!

  • taz: "Marco Bülow jetzt Spaßpolitiker?"

    Das denke ich nicht. Marco Bülow verließ 2018 die SPD mit folgenden Worten: "Ich war in der SPD, weil sie sich vor allem für die sozialen Belange der Menschen einsetzt und nicht, weil sie sich mit einem neoliberalen System abfindet, nur noch an Symptomen rumdoktert und sich häufig mächtigen Lobbyinteressen beugt, die nur Wenigen nutzt"

    Vor so einem Mann ziehe ich meinen Hut, denn Herr Bülow hat begriffen was soziale Politik wirklich ist. Früher hat die SPD auch einmal Politik für die kleinen Bürger gemacht, aber seit der Agenda 2010 macht die SPD nur noch mit der CDU Lobbypolitik für die Reichen.

  • Von der PARTEI kenne ich bisher nur die als Gag gemeinten „Wahlplakate“, in der sie die Politik der anderen Parteien durch den Kakao zog. Ernstgemeinte Aussagen kenne ich nicht. War auch nicht nötig, weil die PARTEI nie befürchten musste, selbst Verantwortung übernehmen zu müssen.



    Bin gespannt, ob Bülow und seine PARTEI in der Lage sind, über tatsächliche Probleme auch ernsthaft zu diskutieren und sich zu getroffenen Entscheidungen und deren Folgen zu bekennen. Und es ertragen, von Anderen kabarettistisch bearbeitet zu werden.



    In Corona-Zeiten hätten sie endlich mal Gelegenheit!

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      es gibt mehr als genug videos, zb. der reden im eu-parlament.



      über ("ernst gemeinte") aussagen kann man sich ebenfalls informieren.



      am besten, bevor man als kommentar sein eigenes "wissen" ausbreitet.

    • 9G
      92489 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Ich verstehe auch nicht warum die Mitglieder dieser sogenannten Satirepartei nicht endlich Mal richtig mit den ernstgemeinten Aussagen anfangen.

      • @92489 (Profil gelöscht):

        Das hier ist Beispielsweiße ziemlich ernst gemeint, wenn sie mich fragen:

        www.youtube.com/watch?v=9EGUwg4Qjt0

        Es stimmt wohl, das es innerhalb der PARTEI einen großen Flügel derer gibt, die strickt darauf beharren eine so gesehen “unpolitische“ und “spaßige“ Agenda zu vertreten, auch wenn sich selbst in einer Abneigung gegenüber einer bestimmten, konstruktiven politischen Agenda eine bestimmte Tendenz auftut. Jedoch meine ich, dass Sonneborn Beispielsweise über die letzten Jahre hinweg einen immer ernsteren Unterton anschlägt. Die Art und Weise wie Information vermittelt wird kann man kritisch sehen, das kann ich verstehen. Nichtsdestotrotz schätze ich aufklärerische Arbeit Sonneborns sehr. Keiner legt seinen Finger so gekonnt in die Wunden, welche andere EU-Abgeordnete gerne verdenkt halten würden.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    "Spaßpolitiker" ist ein völlig unpassender begriff.



    die partei betreibt inhaltlich auf geradezu vorbildliche weise, verantwortungsvoll politik.



    zur verdeutlichung der demokratiedefizite und der populistischen argumentationen der anderen parteien ist eine satirische rede oder eine überzeichnete wahlkampfaussage oft das einzige mittel.

    • @90118 (Profil gelöscht):

      Das einzige Mittel ist es offenbar nicht, siehe die vielen Versuche der etablierten Politixxx. Aber das beste Mittel ist es bestimmt.