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Sanierung durch Neubau

Abbruchantrag schon gestellt: Im Karoviertel sollen drei Mietshäuser abgerissen werden, weil ihre Sanierung zu teuer käme  ■ Von Gernot Knödler

Der Sanierungsbeirat für das Karoviertel wird sich am Donnerstag mit Abbruchanträgen für drei Wohnhäuser auseinandersetzen müssen. Zumindest die Wohnhäuser in der Schanzenstraße 52 und 54 hatten ursprünglich saniert werden sollen, das Schicksal der Sternstraße 115 war offen. Jetzt will die Projektsteuerungsfirma Nugent & Lange neu bauen, weil sie fürchtet, eine Sanierung der alten Häuser würde wesentlich teurer werden, als ihr Ersatz durch moderne Gebäude.

„Unser Haus ist nicht besser und nicht schlechter als jedes andere Haus dieses Baualters“, sagt Albert Ritthaler von der Galerie „Sieben Achtel Barmherzigkeit“ in der Sternstraße 115. Die Galeristen wenden sich zum einen dagegen, dass „alte Bausubstanz vernichtet wird, die für uns eine enorme Qualität hat“. Zum anderen sorgen sie sich, dass in einem Neubau kein Platz mehr für sie wäre: Das „New-York-Ambiente“ wäre zerstört, und als nicht profitorientiertes Projekt, das sieben Achtel seiner Einnahmen den ausstellenden Künstlern zugute kommen lässt, würden die Galeristen an der Miete scheitern.

„Wir bemühen uns redlich, zu erhalten, was zu erhalten ist“, sagt dagegen Carlos Nugent, der die Sanierung des Quartiers zwischen der Lager-, Ludwig-, Stern- und Schanzenstraße für die Eigentümerin „B&D Kampstraße“ abwickelt. „Es gibt einfach Dinge, da rentiert sich das wirklich mehr.“

Ein Neubau würde nach Nugents Rechnung rund 2500 bis 2600 Mark pro Quadratmeter kosten. Die Sanierung dagegen 3000 bis 3300 Mark, wie die Sanierung einiger Häuser in der Kampstraße gezeigt habe. Jeder Quadratmeter wird als Sozialer Wohnungsbau mit einem hohen Sockelbetrag von der Wohnungsbaukreditanstalt gefördert.

Nach den Erfahrungen in der Kampstraße habe er die Häuser von Gutachtern untersuchen lassen, sagt Nugent. Die Fachleute hätten die Substanz geprüft und anhand der nötigen Arbeiten im Einzelnen nachgewiesen, dass eine Sanierung unmäßig teuer würde. Der Galerist Ritthaler vermutet, das könnte an der Art der geplanten Sanierung liegen und appelliert: „Lasst uns im Schanzenviertel nicht so hohe Standards setzen, dass das Viertel in seiner bisherigen bunten Lebensvielfalt nicht mehr existieren kann!“ Am Ende werde alles mit viel Geld stadtsaniert, das Schanzenviertel wäre tot, „und wir fliegen raus“, prophezeit Ritthaler.

„Ich kann doch nicht auf Bäder verzichten“, kontert Nugent. „Selbst im sozialen Wohnungsbau muss ich doch dafür sorgen, dass die Leute einen vernünftigen Lebensrahmen behalten.“ Es seien wesentliche Teile der Konstruktion, Deckenbalken zum Beispiel, die ersetzt werden müssten und die hohen Sanierungskosten verursachten. Ob dem Abriss-Antrag stattgegeben wird, entscheidet der Stadtplanungsausschuss des Bezirks Mitte. Der Sanierungsbeirat darf dazu nur eine Empfehlung aussprechen.

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