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Archiv-Artikel

Sand in der Jobmaschine

Geplante EU-Richtlinie zur Liberalisierung von Hafendiensten stößt in Hamburg auf breiten Widerstand. Lohndumping und Monopolisierung durch Multis befürchtet. Gewerkschafter: „Diesen Globalisierungsunfug brauchen wir nicht“

Von Gernot Knödler

Der Hamburger Hafen in der Hand asiatischer Logistik-Konzerne, welche die Löhne drücken, die Preise treiben und der Stadt die Pistole auf die Brust setzen – das ist die Schreckensvision, die der Gewerkschaft ver.di, den Terminal-Betreibern und Teilen der Politik vor Augen steht, wenn sie an die geplante EU-Richtlinie zur Liberalisierung der Dienstleistungen in den Häfen denken.

Das von der Europäischen Kommission vorgelegte Port Package II (siehe Kasten), nach dem die Lizenzen für das Lotsen, Festmachen, Beladen und Stapeln alle paar Jahre neu vergeben werden sollen, sei in seiner jetzigen Form „nicht akzeptabel“, findet die Wirtschaftsbehörde. Es wäre „für die Hamburger Wirtschaft verheerend“, warnt der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Olaf Ohlsen, ein Sicherheitsrisiko und die „Zerstörung einer Jobmaschine“, prognostiziert ver.di, das Ende des Wettbewerbs, sagt die HHLA. Lediglich der CDU-Europaabgeordnete Georg Jarzembowski macht sich unter Verweis auf die Interessen der Reeder und der verarbeitenden Wirtschaft für die Richtlinie stark – unter der Voraussetzung, dass sie an einigen Stellen nachgebessert wird.

Über einige dieser Punkte besteht Einigkeit: Die Geltungsdauer der Lizenzen müsse verlängert werden. Andernfalls würden die Hafendienste teurer, weil Investitionen schneller abgeschrieben werden müssten. Wer seine Lizenz verliert, soll für die von ihm gebauten Container-Brücken, Schuppen und Fahrzeuge entschädigt werden, damit er nicht aufhört zu investieren, wenn sich seine Konzession dem Ende nähert. Um diejenigen, die in der Vergangenheit in Abfertigungs- und Umschlagsanlagen investiert haben, nicht zu enteignen, sollen die Übergangsfristen großzügiger gestaltet werden. Auch dass Subventionen für Hafenbetriebe stärker sichtbar gemacht werden, wird als segensreich gewertet.

Die Differenzen scheinen im Grundsätzlichen zu liegen. „Ich habe bis heute nicht verstanden, wo das Wettbewerbsproblem ist“, wundert sich Dietmar Stretz von ver.di. Angesichts eines gut funktionierenden Wettbewerbs innerhalb der Häfen sei das deutsche Interesse „seit jeher stärker auf den Wettbewerb zwischen den Häfen gerichtet“, sagt auch SPD-Staatssekretärin Angelika Mertens.

Würde der Terminal-Betrieb ausgeschrieben, könnten finanzkräftige Terminal-Multis aus Asien und den USA die europäischen Firmen aus dem Markt drängen, warnt Florian Marten, Sprecher der Hamburger Hafen- und Lagerhaus-Aktiengesellschaft (HHLA), des größten Terminal-Betreibers im Hafen, mehrheitlich im Besitz der Stadt. Die Folge wäre eine fortschreitende Monopolisierung. Mit der HHLA verlöre der Senat zudem einen strategischen Partner.

„Es geht darum, dass die Transportketten der Welt in den Griff gekriegt werden“, vermutet Bernt Kamin, Betriebsratsvorsitzender der Hafenarbeiter. „Diesen Globalisierungsunfug brauchen wir nicht!“ Nach der Richtlinie bräuchten die neuen Konzessionäre die Beschäftigten und Tarifverträge ihrer Vorgänger nicht übernehmen, kritisiert ver.di. Seeleute könnten Hafenarbeiter beim Umschlag ersetzen. Das ermögliche Lohndumping und greife empfindlich in die gut eingespielten und effizienten Arbeitsabläufe ein.

Man dürfe die Richtlinie nicht nur an Hamburg und den Interessen der Hafenfirmen sowie der Beschäftigten messen, sagt Jarzembowski. Es gelte, Politik für 25 Staaten zu machen. „Wer Angst vor Ausschreibungen hat“, so der Europa-Abgeordnete, „muss sich fragen lassen, warum.“