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Archiv-Artikel

Sand im Betrieb

Welche Kultur kann im Schatten der Elbphilharmonie entstehen? Schlüssige Konzepte fehlen.

An der Spitze des Dalmannkais wird sie thronen: die Elb-Philharmonie. Eine riesige Glaswelle soll auf das Dach des Kaispeichers A gebaut werden, darin zwei Säle für 2.200 BesucherInnen, ein Hotel und Luxuswohnungen.

Was das Prestigeobjekt Hamburg kostet, wird im Sommer eine Studie im Auftrag des Senats zeigen. Investor Alexander Gérard, der den Entwurf der Architekten Herzog & de Meuron ins Spiel gebracht hatte, ist im November 2004 abgesprungen. Bis zum Sommer will Hamburg nun neue Investoren gewinnen. Die Philharmonie ist für die Planer der Hafencity unverzichtbar: Am westlichsten Punkt des Stadtteils errichtet, soll sie weithin zu sehen sein – so wird sie gleichzeitig großes, leuchtendes Wahrzeichen.

Außer der Elb-Philharmonie sind zwei weitere kulturelle Leuchttürme geplant: das umstrittene „Internationale Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm“ mit einer überwiegend militärischen, nautischen Privatsammlung, sowie die „Maritime Erlebniswelt“, eine Art Superaquarium. Weitere Kulturhäuser sind von der öffentlichen Hand derzeit nicht vorgesehen: Oberbaudirektor Jörn Walter hält kulturelle Vielfalt „nicht für planbar“ und setzt auf privates Engagement. Derzeit läuft jedoch der interdisziplinäre Wettbewerb „Kunst und Kultur in der HafenCity“. 200.000 Euro stellt die Stadt zur Verfügung, um ab Juni die temporären Projekte der Gewinner zu verwirklichen.

„Kultur wird in der Hafencity vor allem als Bestandteil des Vermarktungskonzeptes gesehen“, sagt der Hamburger Künstler Malte Willms, der 2002 mit der Künstlergruppe tetrapak in der Hafencity aufgetreten ist. „Eher kritische Herangehensweisen an kulturelle Projekte sind nicht erwünscht, werden torpediert oder einfach ignoriert.“

Willms steht zwar mit seiner Kritik nicht alleine da, doch über den richtigen Umgang mit der Hafencity ist sich Hamburgs Künstlerszene uneins. So denken einige Kulturschaffende, man dürfe an solchen Wettbewerben nicht teilnehmen, nicht einmal in der Hafencity Projekte stattfinden lassen. „Sobald dort etwas Kulturelles passiert, führt das ja unweigerlich zur Aufwertung des Areals“, sagt der Künstler Mark Wehrmann von der Galerie für Landschaftskunst. Er selbst macht trotzdem mit, wie 2002 bei der Ausstellung „There is a Place“ in der Hafencity.

Auch Rolf Kellner ist mit den offiziellen Plänen nicht ganz einverstanden. Trotzdem organisiert der Architekt und Landschaftsplaner im August zum dritten Mal die „Hafensafari“, einen Spaziergang über die Brachflächen. „Die HafenCity GmbH hat sich lange zu wenig Gedanken um Kultur gemacht“, sagt Kellner. Anfangs hätten die Offiziellen auch ihm skeptisch gegenüber gestanden. „Mittlerweile wissen sie aber, dass sie auch von unseren Projekten profitieren – obwohl wir das gar nicht immer wollten.“ Kellner vermisst allerdings Freiflächen, die tatsächlich frei sind: „Solange ich Veranstaltungen bei Investoren in London genehmigen lassen muss, weil die Stadt das Hoheitsrecht über manche Plätze aus der Hand gegeben hat, kann kulturelle Vielfalt in der Hafencity gar nicht entstehen.“

„Wer gute Ideen hat, hat gute Chancen, dass die auch realisiert werden“, sagt dagegen Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos). Sie ist zufrieden mit der Entwicklung der Kultur in der Hafencity. Ihre Behörde konnte Anfang Februar das Nutzungskonzept für die Elb-Philharmonie melden und kündigte an, dass die Deckungslücke von 3,5 Millionen Euro pro Jahr nicht durch die Stadt Hamburg ausgeglichen werden müsse. Neben den Leuchttürmen plant ihre Behörde kleinere Maßnahmen, etwa Ateliers in der Speicherstadt oder Gesprächsgruppen.

Mark Wehrmann von der Galerie für Landschaftskunst hat einen ganz anderen Vorschlag: ein Golfplatz statt Bürohäuser. So eine grüne Wiese sehe hübsch aus, sagt er, „da kann man noch Blumen pflanzen“. Außerdem müsse man an „die Reichen“ denken, die in der Hafencity wohnen werden: „Die sind bestimmt traurig, wenn die dahin ziehen, und dann ist da kein Golfclub.“ ANNA-MAREIKE KRAUSE