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„Salzgitter-Report“

Berlin (ap) — Zwei Drittel der 40.000 bei der Erfassungsstelle Salzgitter gespeicherten Fälle von Menschenrechtsverletzungen der DDR- Behörden sind nach bundesdeutschen Rechtsfristen bereits verjährt. So könnte etwa die Mißhandlung von Gefangenen in der früheren DDR, die vor 1985 erfolgte, nicht mehr geahndet werden, sagte der Geschäftsleiter Hans-Otto Plumeyer am Mittwoch in Berlin. Plumeyer und der Leiter des Amtes, Heiner Sauer, stellten dort ihr bereits vor Erscheinen umstrittenes Buch Der Salzgitter-Report über die Arbeit der Erfassungsstelle vor. Um das Buch der beiden Autoren war bereits vor der Veröffentlichung Wirbel entstanden.

Das niedersächsische Justizministerium wollte das Erscheinen zunächst verhindern, weil es Nachteile für die Ermittlungen befürchtete. Nun haben die Autoren einige der Namen anonymisiert, das Ministerium hat keine Einwände mehr. Bei der Erfassungsstelle sind u.a. 30.000 Urteile erfaßt, die in den letzten Jahrzehnten in der DDR gefällt wurden. Die Rehabilitierung der Betroffenen laufe angesichts der Überlastung der Gerichte nur schleppend. Die Unterlagen aus Salzgitter reichten aber allemal für Ermittlungsverfahren gegen die Täter, erklärten die Autoren.

Sauer vertrat die Ansicht, daß Soldaten, die Flüchtlinge mit Berufung auf den Schießbefehl getötet haben, Mord vorgeworfen werden kann — etwa, wenn sie über die Tat Freude gezeigt hätten. „Der Schießbefehl kann nicht als Rechtfertigung für dieses Verhalten herhalten“, sagte er. „Auch das Recht der ehemaligen DDR muß sich an den Menschenrechten messen können. Solche Täter dürfen nicht mit Berufung auf das geltende Recht davonkommen.“

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