piwik no script img

Salute 4.Juli! Bummm

■ Zum 212.Unabhängigkeitstag der USA machten die US-Streitkräfte in Lichterfelde wieder ordentlich Krach

Help! I need some body-guard. Help! Den Krach verkrafte ich nicht. Die Amis beballern mein geliebtes, lauschiges Lichterfelde. Plötzlich, doch pünktlich zur Schlußmaiwoche aller Jahre nach Hitlerstod fällt ein Schuß in mein offenes Ohr. Um 7 Uhr 7 donnert die erste Kanonenplatzpatrone der Saison. Sie proben Knallen zum Unabhängigkeitstag, fast 40 Tage lang mit riesengroßen Kanonen, vor dem 4.Juli. Sie donnern wie Wotan, fast täglich zehn bis 50 mal, in zunächst nicht absehbaren Abständen, aber mit monoton penetranter Detonation. Alle Jahre wieder hoffe ich beim ersten Mal: „Das kann nicht real sein, ich träume!“ Eine Umfrage unter Anliegern ergab einige Verbesserungsvorschläge.

Ältere deutsche Kriegsveteranen wünschen sich alles etwas zackiger, schneller, leiser und rationeller, etwa tak tak tak tak - Alabama Alaska Arizona Arkansas. Alte Antiimperialisten mögens vice versa lieber. AFN-verwöhnte und -verseuchte Kinder drängen hingegen auf ein modernes Arrangement. DJ Rick Delysle soll im Rap-Rhythmus zum Drum -Computer (50 Beats) einen sich reimenden US-Staaten -Sprechgesang singen, sprechen. Soulfans fordern zur Fete Black Music. Der braune James, alias The senile Sex -Machine, der jüngst am Deutscheneinheitstag bei Pankow Reagans Mauer-Abreiß-Trauma positiv zitierte, Brown könnte Salute in seinen neuen „I'm real„-Wix einmixen. Und Lichterfeldes Dancefloor-Teenies schreien nach den Beastie Boys. Rap-Violence am Unabhängigkeitstag, das wäre eine Show! Die phantasielosen Besatzer läßt das alles kalt. Kurz nach Tschernobyl, als der Objektivismus und die Zahlenmanie begann und alle Geigerzähler blitzartig ausverkauft waren, ergatterte ich im Sonderangebot einen Phonmeter, d.h. Krachmesser; beim Maximalausschlag 95 Dezibel erbrach der Zappelanzeiger am Anschlag. Bumm! Bumm di bumm! Zwei Fensterscheiben, ein Trommelfell. Oh ließen sie doch das Halbblut George Krantz leise vor lauter taumelnden Unabhängigkeitsfanatikern trommelntanzen din dada din dodo. Nein, wir kriegen kein Pardon. Heuer feiern SIE also alle Jahre wieder Indiabhängigkeit mittels Amigeballer. Circa 20 Generalkanonenproben und ein furioses Finale. Es klappt perfekt. Vorweg vielleicht Peter Schilling Der Count-Down läuft ... völlig losgehelöst .... Und dann, aber echt, wer's nicht glauben will komm‘ hören Bumm California. Bumm Colorado. Bumm Connecticut. Bumm Delaware. Bumm Floridaboy. Bumm Georgia. Bumm Hawaii. Bumm Indiana!

50 mal Bumm plus Ländle, das ein Spieß pro Schuß herausbrüllt. Der Leser lernt: niemand auf der Hiphop-Welt weiß besser als wir blasmusikbesessenen Lichterfelder, wieviel Staaten die Staaten haben. Echt eingehämmert, bummbastisch, BAD! Wir bitten die Barracken, die Andrews und McNairs, please Ami, ballyhoo at home.

Manfred Günther

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen