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Sachleistungen für Hartz-IV-FamilienKinder bekommen Bildung statt Geld

Bund und Länder einigen sich: Arme Kinder sollen Schulmittagessen und Nachhilfe finanziert bekommen statt höherer Geldzahlungen. Die Bildungs-"Chipkarte" bleibt aber umstritten.

Damit das Geld für Hartz-IV-Familien da landet wo es gebraucht wird: kostenloses Mittagessen für die Kinder. Bild: ap

BERLIN taz | Kinder aus Familien im Hartz-IV-Bezug sollen künftig für ihren Bildungsbedarf Sachleistungen bekommen und keine höheren Geldzahlungen. Darauf verständigten sich am Freitag nach Angaben von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mehrheitlich die Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden bei einem Gespräch in Berlin.

Zur "Bildungs-Chipkarte" gehen die Meinungen aber auseinander. Von der Leyen möchte im Laufe des kommenden Jahres in Modellregionen eine "Bildungs-Chipkarte" für Kinder aus Hartz-IV-Familien einführen. Darüber sollen dann etwa Ausgaben für Nachhilfeunterricht, Schulmittagessen und Sportförderung abgerechnet werden.

Die SPD-Sozialminister der Länder unterstützen zwar auch Sachleistungen, fordern aber mehr Hilfe für die bereits vorhandenen Angebote. Statt einer "Chipkarte" wäre es besser, wenn der Bund beispielsweise Geld für die Kinder aus Hartz-IV-Familien an die Länder weiterreiche, damit diese vor Ort ein kostenloses Mittagessen für diese Schüler anbieten können, sagte Malu Dreyer, SPD-Sozialministerin in Rheinland-Pfalz. Auf dieser Linie liegt auch Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU).

Hintergrund der Debatte ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Februar. Danach sollen die Regelsätze für Kinder aus Familien, die Arbeitslosengeld II beziehen, neu errechnet und insbesondere der Bildungsbedarf und die soziale Teilhabe berücksichtigt werden. Die Berechnungen auf Grund der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe liegen im September vor, im Oktober soll ein Gesetzentwurf kommen, der den Bedarf berücksichtigt. Auf jeden Fall ergebe sich aus dem Urteil ab 1. Januar ein Rechtsanspruch dieser Kinder auf mehr Bildungsförderung, bestätigte von der Leyen.

Im Bundeshaushalt sind für die neuen Leistungen 480 Millionen Euro im Jahr eingestellt. Bezogen auf die 1,8 Millionen Kinder im Hartz-IV-Bezug wären das nur 22 Euro pro Kind im Monat. Welche Kinder dann Förderung bekommen und wer darüber befindet, ist noch nicht geklärt. Nach dem Konzept von der Leyens sollen die Schulen in Zusammenarbeit mit den Jobcentern darüber entscheiden, ob ein Kind im Hartz-IV-Bezug Nachhilfeunterricht erhält oder nicht.

Für Kinder aus geringverdienenden Familien, die nicht Hartz-IV-Leistungen beziehen, sollen die bereits vorhandenen Bildungsbündnisse vor Ort gestärkt werden, sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), die auch bei dem Treffen am Freitag anwesend war. Sie verwies dabei auf die angelaufene Initiative "Lernen vor Ort", in der Stiftungen in 40 Modellregionen Bildungsangebote unterstützen.

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4 Kommentare

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  • JK
    Juergen K

    Was das Thema Hartz4 angeht,

    muss man wohl konstatieren,

     

    dass die BUNDESREGIERUNG mit einer CHIPKARTE versehen werden muss.

     

    Das Verfassungsgericht hat numnmehr

    MEHRFACH festgestellt und geurteilt,

     

    "Das verfassungs-vorgeschriebene kommt bei den Betroffenen nicht an"

     

    Nicht etwa nur weil der eine oder andere "Brüderlein" besoffen ist und Tabak- und Alkoholindustrie subventioniert werden

     

    Lotterleben mit Parties im Kanzleramt geführt wird,

     

    Luxusherbergen oberhalb der durchschnittlichen Lebensumstände mit Flachbildfernsehern ausgestattet werden,

     

    oder mit dem Kindergeld die Falschen bedacht werden wie etwa 7-fache Mütter, denen es an Nichts mangelt,

     

    sondern auch noch, weil es widerrechtlich ist.

     

    Es ist zwar menschlich, von sich auf andere zu schliessen, um sich vermeintlich schuldfrei zu reden,

     

    aber unbegründet.

     

    Untätigkeit und Unwilligkeit müssen zu spürbaren Abzügen führen.

     

    Nicht nur das!

     

    Geradezu suvbersiv, als Saboteure führen die Personalsachverständigen des Zeitarbeitsunternehmens Deutschland AG ihren Job aus.

     

    Wie kann denn etwas anderes als der Konkurs eines solchen Zeitarbeitsunternehmens die Folge sein,

     

    seine Angestellten als Kriminelle, faulen Abschaums und Personifizierung von Unfähigkeit darzustellen, und sie in den nach Mottenkugeln stinkenden Ein-Euro-Hosen zur Vorstellung zu schicken.

     

    Nein, so etwas geht am Markt kaputt.

    Das wissen wir.

     

    Daher ist die komplette Führungsetage auszuwechseln.

    Die Aktionäre stellen das hiermit fest.

     

    Mit sofortiger Wirkung.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Wegen der

  • U
    uiop

    Es ist ja schön, wenn es auch mal was umsonst gibt und vielleicht sollte man sich fragen, ob gerade Bildungsangebote nicht sowieso für alle gratis und durch Steuergelder finanziert sein könnten.

     

    Andererseits bedeutet die Chipkarte, solange sie individuell zugeteilt wird, dass nun Leistungen zum Lebensunterhalt teilweise in Sachleistungen umgewandelt werden. Meiner Einschätzung nach ist das ein Einfallstor in ein System noch weitgehenderer Einschränkungen der Selbstbestimmung. Wie weit das gehen kann, hat die Situation der Flüchtlinge in Deutschland gezeigt: Dort ist man so weit gegangen, den Leuten bis auf ein Taschengeld alles in Sachleistungen zuzuteilen, bis hin sogar zum Essen. Das ist entwürdigend und schikanös und schränkt die Handlungsfreiheit der Betroffenen massiv ein.

     

    Meine Forderung: Hartz-IV-Empfänger, inklusive von Hartz-IV abhängige Flüchtlinge, sollen mehr Geld erhalten und darüber frei verfügen wie andere Leute auch. Der Regelsatz für jedes Kind muss pauschal so erhöht werden, dass die Eltern damit entsprechende Förderung und Teilhabe ohne große Probleme selbst finanzieren können.

     

    Es ist genug für alle da. Sparpotenziale liegen woanders.

  • G
    Gunter

    Das ist die Almosenmentalität einer Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach US-amerikanischem Vorbild. Bildung allein nutzt jedoch nichts! Bildung plus Geld erst bringt die verarmten Eltern dieser Kinder in die Lage, sich auch einmal bei einem größeren Abendessen oder Theaterbesuch blicken zu lassen, um für ihre Kinder Kontakte zu knüpfen, die möglicherweise einmal eine Lehrstelle oder ähnliches zum Ziel haben. Frau von der Leyen wird schon genau wissen, was gemeint ist, da es in "ihren" Kreisen so üblich ist. Für arme Kinder ist das natürlich nicht angedacht, warum auch ?

  • RR
    Roter Ritter

    Diese Bettelkarte !

    Das ist Stigmatisierung und Arrogant das Hartz IV Eltern Raben Eltern sein Sollen.Glauben Sie wirklich das das Kindergeld was Hartz IV Empfänger Nicht bekommen für Kinder ausgegeben wird nein es kommt in die Urlaubs kasse oder in das Neue Auto.Es ist Reine Propaganda auf Kosten der Armen um auf der Rechten seite Stimmen zu fangen.Es gibt schlechte Eltern bei den Reichen bei der Mittelschicht und bei Hartz IV Empfängern.Mich erinnert das ein bißchen ans dritte Reich wo bestimmte Volksgruppen auch mit irgendwelchen Kennzeichnungen herumlaufen mussten.Hartz IV-Card ist staatliche Bildungs-Diktatur aber dort wollte die CDU ja schon immer hin. Wenn Hartz IV Kinder an der Kasse mit dieser Bettelkarte stehen und alle anderen sehen das ist das demütigend und hat mit Der Menschenwürde aber auch gar nichts zu tun.Es ist was es ist eine Stigmatisierung."(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."