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STASI-IM ANETTA KAHANE: GESCHADET HAT SIE NUR SICH SELBSTDen Ball aufnehmen statt abgeben

Gestern hat Anetta Kahane, die als mögliche neue Ausländerbeauftragte in Berlin im Gespräch war, den Rückzug angetreten. Sie wolle nicht länger Spielball in der Stasi-Debatte sein, erklärte sie. Die 48-Jährige hatte mit 19 Jahren eine Verpflichtungserklärung als IM unterschrieben und Informationen über „entfernte Bekannte“ und „ausländische Journalisten“ geliefert. Offensichtlich, ohne jemandem zu schaden – bis auf sich selbst. Denn dadurch, dass Kahane ihr Wissen für sich behalten hat, muss sie sich nun fragen lassen, warum sie nicht schon vor Jahren ihre Stasimitarbeit öffentlich gemacht hat – zumal sie 1980 selbst mit der Stasi gebrochen hatte. Eine Entscheidung, die in der DDR tausendmal seltener war als Bananen in der Kaufhalle. Kahane stand damals kurz vor dem Ende ihres Studiums und riskierte, ihre berufliche Karriere aufs Spiel zu setzen. Eine Courage, die sie jetzt vermissen lässt.

Es mag nachvollziehbar erscheinen, dass es ehemalige IMs in den ersten Jahren nach dem Mauerfall vorgezogen haben, ihre Vergangenheit zu verschweigen, um beruflich und gesellschaftlich Fuß zu fassen. Und bisher hat sich niemand einen Gefallen damit getan, erst dann mit der Vergangenheit rauszurücken, wenn sie in den Zeitungen steht, egal, wie harmlos die Berichte an die Stasi waren. Gerade eine Person wie Anetta Kahane, die sich seit dem Mauerfall wortstark und durchaus angriffslustig einen Namen als Verfechterin von Menschenrechten gemacht hat, könnte jetzt den Spieß umdrehen. Statt zum Spielball zu werden, wie sie sagt, könnte sie den Ball aufgreifen und eine überfällige Diskussion anstoßen: Wiegt eine lang zurückliegende Verpflichtungserklärung mehr als ein Jahrzehnt ehrenwerten Engagements nach der Wende?

Im Jahr dreizehn nach dem Mauerfall ist es nicht zu viel verlangt, die Karten auf den Tisch zu legen und offensiv mit der eigenen Biografie umzugehen. Dann müsste die Übernahme von Funktionen in der Öffentlichkeit nicht mehr an einer offenbar folgenlosen IM-Tätigkeit scheitern. Denn die längst untergegangene Stasi wird auch in den nächsten Jahren noch durch viele ostdeutsche Biografien geistern. BARBARA BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA

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