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SPD will Minister über Sparpläne ausquetschen

■ Bonner Kabinett soll vor den Haushaltsausschuß zitiert werden. SPD-Fraktion drohte mit Aussetzung der Beratungen. FDP begrüßt Pläne zur Arbeitslosensteuer

Bonn (taz/AFP/AP) – Bei den Beratungen über den Etat 1997 zieht die SPD jetzt alle öffentlichkeitswirksamen Register, über die eine Oppositionspartei verfügt: Sie will am Donnerstag alle Minister des Bundeskabinetts im Haushaltsausschuß vorladen. Dabei sollen die Ressortchefs die Frage beantworten, in welchen Bereichen ihres Budgets die ihnen zugeteilte Sparsumme erwirtschaftet werde, kündigten die SPD-PolitikerInnen Ingrid Matthäus-Maier und Karl Diller gestern in Bonn an. Insgesamt sollen durch die Einsparungen in den Ministerien drei Milliarden Mark zusammenkommen, um Lücken im Etat 97 zu decken. Die Sozialdemokraten rechnen hingegen mit einem Haushaltsloch von knapp über zehn Milliarden Mark.

Zuvor hatte die SPD gedroht, nicht an der Sitzung des Haushaltsausschusses teilzunehmen, wenn das Finanzministerium nicht bis zum späten Nachmittag eine beratungsfähige Vorlage den Abgeordneten zustelle. Das Ministerium lieferte dann jedoch nach Angaben von Matthäus-Meier eine „dicke Vorlage“. Sie sei zwar eine Zumutung, könne jedoch als Grundlage der Beratungen am Donnerstag dienen.

Der Zeitplan der Bundesregierung ist eng: Am Donnerstag ist die sogenannte Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses im Bundestag vorgesehen, bei der der Etat 97 noch einmal insgesamt unter die Lupe genommen wird. Ende November soll dann im Bundestag die Schlußabstimmung über den Haushalt stattfinden.

Unterdessen versuchten CSU und FDP gestern, den Koalitionssegen wiederherzustellen. CSU- Landesgruppenchef Michael Glos erklärte nach einem Gespräch der Koalitionsspitze, es sei „alles wieder vollkommen normal“. Er räumte aber ein, bei den Auseinandersetzungen in der vergangenen Woche habe es sich nicht nur um künstliche Aufgeregtheiten gehandelt. In der Koalition hätten manche in den Abgrund geblickt.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Hermann Otto Solms, sprach von einem „reinigenden Gewitter“, dem jetzt eine „deutlich bessere Stimmung“ gefolgt sei.

Die Besteuerung des Arbeitslosengeldes, wie sie am Wochenende Bundesfinanzminister Theo Waigel auf einem CSU-Kongreß vorgeschlagen hatte, wird von der FDP unterstützt. Ein solcher Schritt, so Solms einschränkend, käme aber nur dann in Frage, wenn der gesamte Steuertarif gesenkt werde. Laut Solms könnten dann auch alle Steuerpflichtigen nach ihrem Einkommen besteuert werden, unabhängig davon, woher es kommt. CSU-Landesgruppenchef Glos meinte, der klassische arme Arbeitslose würde von einer solchen Steuerreform nicht betroffen.

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