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SPD über Datenschutz"Nacktscanner-Debatte ist hysterisch"

Der reflexartige Ruf nach besserer Technik verschleiere das Versagen der Sicherheitsbehörden, sagt der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz. "Der Einsatz von Körperscannern ist kein Patentrezept".

Hände hoch, ich scanne! Hinweisschild auf dem Flughafen Schiphol. Bild: ap

BERLIN taz | Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Dieter Wiefelspütz, hält die Debatte um den Einsatz von Körperscannern für überzogen. "Die Diskussion nimmt beinah hysterische Züge an", sagte er am Montag der taz. Der reflexartige Ruf nach besserer Sicherheitstechnik verschleiere, dass im Falle des vereitelten Anschlags die Sicherheitsbehörden in den USA und den Niederlanden versagt hätten. "Der Einsatz von Körperscannern ist kein Patentrezept", sagte Wiefelspütz.

Nach dem versuchten Selbstmordattentat an Bord einer Passagiermaschine beim Anflug auf Detroit wird auch in der Bundesrepublik über den Einsatz von sogenannten Nacktscannern diskutiert. Mit diesen sollen die Sicherheitsleute am Körper angebrachte Gegenstände, etwa Waffen, erkennen können. Derzeit gibt es solche Scanner auf deutschen Flughäfen nicht.

Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sieht aber gute Chancen für einen Probebetrieb der umstrittenen Körperscanner noch in diesem Jahr. Auch die mitregierende FDP hat Zustimmung signalisiert. "Sollte es eine technische Weiterentwicklung geben, wägen wir neu", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner der Rheinischen Post vom Montag.

Der innenpolitische Sprecher der Linkspartei, Jan Korte, hält dagegen: "Egal wie die FDP es dreht und wendet: Nacktscanner bedeuten einen erheblichen Eingriff in die Intimsphäre oder sie sind unbrauchbar."

SPD-Innenexperte Wiefelspütz hält den Einsatz der Scanner grundsätzlich für gerechtfertigt. "Körperscanner wird es geben müssen, vorausgesetzt, sie sind nicht gesundheitsschädlich und die Würde des Menschen bleibt gewahrt." Das derzeitige Niveau der Flughafenkontrollen sei recht schlampig.

Auch die Grünen geben den auch Körperscannern genannten Geräten eine Chance. Der innenpolitische Sprecher Wolfgang Wieland sagte der taz, man müsse auf neue Bedrohungen mit kühlem Kopf reagieren. "Wenn der Einsatz dazu führt, dass die Passagiere am Flughafen nicht mehr abgetastet werden, dann kann das sogar ein Zugewinn an Privatsphäre sein." Die Scanner müssten so weit entwickelt sein, dass sie nicht tatsächlich nackte Körper zeigten.

Die Bundesregierung will die Tests einer neuen Generation von Körperscannern bis Mitte des Jahres abschließen. Wenn die Ergebnisse vorlägen, werde über den Einsatz entschieden, erklärte das Innenministerium.

SPD-Experte Wiefelspütz glaubt nicht, dass Passagiere schon 2010 an deutschen Flughäfen abgescannt werden. "Wir brauchen vielmehr eine intelligente Diskussion darüber, welche Daten wir sammeln wollen, statt immer mehr Kontrolle zu fordern." Die unspezifische Datensammelwut der US-Behörden hätte dazu geführt, dass relevante Aspekte übersehen worden waren. Wie etwa eine explizite Warnung vom Vater des mutmaßlichen Attentäters vor seinem Sohn.

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13 Kommentare

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  • W
    Wolfgang

    Tja, wer so einstimmig die Nacktscanner befürwortet, muss leider in Zukunft auf meine Wählerstimme verzichten. Und wer nicht die nächsten Wahlen abwarten will, kann jetzt schon die Petion gegen Nacktscanner unterzeichnen:

     

    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=9109

  • S
    Superburger

    das ist doch alles Hirnverbrand.Niemand halbwegs normal denkender Mensch glaubt allen Ernstes,das der gefähliche Terrorist es sich so schwer macht,son läppischen Flieger inne Luft zu sprengen.

    Auch die in Afghanistan in Höhlen hausenden terorristen sind ned so dämlich,sprengstoffbeladen als gefährlicher Terrorist durch ne Flughafenkontrolle zu gehen.

    Der würd sein Koffer mit Sprengstoff sonstwo hinstellen und sich verpissen.

    Und wenn sich jemand "Sprengstoff" oder von mir aus auch nen "Sylvesterballer" inne Unterhose steckt,innen Flieger steigt und sich kurz vor der Landung den Schwanz verbrennt,ist das einfach nur ein Geistesgestörter für mich.Und garantiert kein perfekt in Jemen ausgebildeter Terrorist.

    Aber wir wollen ja alle nicht,das uns wieder einmal bewiesen wird,was fast perfekt inzenierter Terrorismus ist.(911)

  • ST
    Stefan Thiesen

    Logik ich fress Dir... es lässt scih einfach kein wirklicher logischer Zusammenhang zwischen dem Zwischenfall in den USA und der Nacktscanner Debatte finden - jedenfalls kein offensichtlicher. Aber irgendwer wird schon profitieren davon, Stichwort "die Aktien der Hersteller schnellten in die Höhe". Unsere Politik ist völlig durch den Wind und erklimmt orwellsche Bedeutungsgipfel. Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Bürgerentlastungsgesetz. Nacktscanner passt gut in dieses "double-speak". Der Kaiser ist halt nackt, und es geht immer nur ums Profitum.

  • HB
    Henrik Brandt

    Jedes Jahr fliegen etwa 2 milliarden Menschen in der Welt herum dabei mehrere öfters, und, seit dem berüchtigtem 11 November bei dem traurigerweise per Flugterrorismus in den Flugzeugen unschuldige 267 Menschen ums leben kamen, war - bisher - man bedenke, Gottseidank, nur der fatale Sprengstoff Turnschuhterrorist und jetzt der Unterhosenheini mit Sprengstoffzugabe aufgefallen. Ausserdem war letzterer vorher den Schlapphüten mitgeteilt worden....Die aber kläglich versagt haben. Wo ist bitte die dann Proportionelle Terrorgefahr? Nun - wir lernen daraus das kein Gerät so gut sein kann wie der Mensch (wenn er nicht versagt). Ausserdem, was keiner bedenkt wenn erst Körperöffnungen von den Hinrverbrannten denen ihr eigenes Leben schnuppe ist genutzt werden (was ja schon in der Drogenmafia scheinbar genutzt wird) Welcher Scanner sieht die? - Also ist wohl der einzige Terror der Sicherheitsterror der darum gemacht wird. Ich empfehle Hirnscanner für Politiker zum besseren Durchblick der Lage......Es gibt leider wohl keine 100% Sicherheit die nur eintritt (es ist Banal) wenn mann nicht Fliegt, durch Abstürze technische Defekte, kamen eher leider bisher mehr Menschen ums leben als dem wiederlichem Terror.

  • S
    Stefan

    Ich bezieh mich mal auf den ersten Kommentar von Tom. Du hast Recht, das Prinzip in Tel-Aviv klingt verlockend, aber die Methoden, die dort durchgezogen werden, könntest du (glücklicherweise) in DE niemals durchsetzten.

    Die Sicherheitsleute lassen sich durch die Statistik helfen, denn diese besagt, dass ~80% der Attentäter unter 30, männlich und arabischer Herkunft sind; kommt ein junger Araber an den Schalter, wird er bei jeder Station kontrolliert (also über 5x?!). In anderen Worten: Diskriminierung durch Generalverdacht.

     

    Willst du das auch an deutschen Flughäfen?

  • M
    Max

    Es kann nicht sein, dass alle Flüge als terrorgefährdet eingestuft werden. So lange die USA, Israel und Großbritannien meinen, ihre politische und militärische Macht ohne Rücksicht auf internationale Verträge und Beschlüsse auf Kosten der vornehmlich arabischen Welt ausspielen zu können, sollten diese Staaten und ihre Unterstützer die Kosten für die Sicherheit ihrer Fluggesellschaften weltweit selbst tragen. Denn es sind vornehmlich die Flüge in diese (und aus diesen)Staaten, die gefährdet sind. Es ist nicht nachvollziehbar, Pauschalreisende vor einem Flug von Linz nach Malta durch sogenannte "Nac ktscanner" zu schleusen. Sind wir denn wirklich soweit, uns im Namen der Sicherheit und der Terrorabwehr durch "Nacktscanner" gesundheitlich zu gefährden.

    Erst wenn die wenigen führenden Nationen dieser Welt begreifen, dass die militärische Option bei der Konfliktlösung falsch und ungerecht ist sowie ihre islamophobe Hysterie beenden, wird den gewalttätigen Fanatikern die Grundlage für Ihr terroristisches und unmenschliches Handeln entzogen.

    Auch wir in Deutschland und insbesondere die Bundesregierung sollten dazu übergehen, Konfliktlösungsmöglichkeiten jenseits des Militärischen in Betracht zu ziehen und auch andere Staaten davon zu überzeugen. Das wäre der beste Beitrag zur Gewährleistung der Sicherheit auch auf Flughäfen und Flügen.

  • T
    tom

    Gut, Europäer und speziell Deutsche wissen ja fast schon alles, die Erleuchtung klopft schon ans Tor...dennoch, wie wäre es denn mit Alternativen, z.B. von Menschen, die daran gewöhnt sind, dass sie sich letztlich allein ausschliesslich auf sich selber verlassen können. Der Flughafen Ben Gurion, Tel Aviv, Israel, ist der wohl Sicherste überhaupt...dort wird nicht nach der Bombe, sondern nach dem Bombenleger gesucht. Der Ansatz ist doch wohl bestechend genial...gut, das funktioniert in Israel, dort gibt es Menschen, die in der Lage sind, intelligent zu handeln. In Deutschland gibt das der Arbeitsmarkt wohl eher nicht her, oder?! Könnten sklavenmoralisierte Arbeitnehmer so etwas leisten? Nö, wohl kaum, dann doch lieber Nacktscanner, lieber am Sack packen lassen, kleinliche Kontrollen, kleinlich und dümmlich passt halt, vor allem zu diesem Land, zelebrieren wir ja jeden Tag...weiter so...

  • U
    UCNet

    "Nacktscanner-Debatte ist hysterisch"

    und lenkt die Öffentlichkeit wunderbar von dem ELENA-Thema ab.

     

    Unsere Politiker sind so berechenbar...traurig

  • D
    dostoprim

    warum lassen wir alle passagiere nicht gleich nackt fliegen? auch airline-zwangsjacken mit eigenwerbung wäre eine überlegung wert. wenn ich handelsvertreter von nackt-scannern wäre, hätte ich osamas schwester längst geheiratet...

  • K
    Kommentator

    So, so, wenn der Nacktscanner mein Glied also nicht allzu deutlich auf der Kamera zeigt, stimmt das also wieder und ich darf froh sein, dass kein Schnauzbart von Schnittlauch daran wolllüstig manipuliert.

     

    DANKE, liebe Politiker ALLER etablierten Parteien

    (SPD, Union, Grüne, FDP).

     

    Dann durchsucht man demnächst auch einfach so meine Wohnung und behauptet einfach, es sei schon ausreichend aufgeräumt gewesen! Oder wie?

     

    Es gibt keine etablierten Bürgerrechtsparteien.

    Piraten, Linke oder ungültig lässt sich`s noch ohne akuten Brechreiz wählen.

    Am besten ungültig!

  • T
    Tilo

    Der typische Politiker, hohe Beamte oder Sicherheitsexperte ist männlich und zwischen 50 und 65 Jahre alt. Viele Männer dieser Gruppe durchleben gerade ihre Midlifecrisis, fragen sich nach dem Sinn von allem und klammern sich an jeden Strohhalm - nur menschlich. Doch auch die, die da hindurch sind, sehen aufgrund ihres Alters ihre Felle schwimmen. Um Wähler müssen sie sich derweil mit Blick auf die Alterspyramide keine Sorgen machen.

     

    Was will man da für eine Politik erwarten? Etwa eine liberale?

     

    Die jetzt jungen Leute müssen sich auf einiges gefasst machen, nicht nur in Sachen Sicherheitsgesetzgebung und Rentenversicherung.

  • UK
    Ulli K.

    Wir brauchen wirklich eine intelligente Debatte, und zwar darueber, wann es mit der Sicherheit eigentlich genug ist. Es ist allgemein bekannt, dass das Leben gefährlich ist. Weniger bekannt ist vielleicht, dass weltweit (!) in 2009 genau ein Attentatsversuch (der vom 25. Dez.) und vier versuchte Flugzeugentführungen stattgefunden haben. Weltweit heisst hier auch inklusive Inlandsflügen in Kongo, Zimbabwe usw.

    (Quelle: http://aviation-safety.net/database/year.php?year=2009 )

     

    Kann man da nicht sagen: alles in allem gar nicht so schlecht?

     

    Meine Meinung jedenfalls ist - und ich bin Vielflieger - ist, was hier im Namen der Sicherheit abgezogen wird, ähnelt dem religiösen Fanatismus der Inquisition im Mittelalter oder dem irgenwelcher Talibans heute.

  • E
    Edelweiß

    Sollte die SPD tatsächlich in der Opposition angekommen sein? -Ich glaube kaum. Frank Hofmann, stellvertretender Vorsitzender des Innenausschusses hat sich bereits für die Nacktscanner ausgesprochen.