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Archiv-Artikel

SPD macht in Bescheidenheit

Endlich: Die Sozialdemokraten haben jetzt auch mit dem Wahlkampf begonnen

Von ksc
„Ich habe schon zwei Dutzend Wahlkämpfe mitgemacht, aber sowas hat es noch nicht gegeben“

taz ■ Die CDU hat ihre „starken“ Frauen, die Grünen die Windkraft und eine seltsam dreinschauende Spitzenkandidatin, die FDP gelbblaue Eier. Nur von der Bremer SPD war lange so gut wie nichts in punkto Wahlkampf zu hören. Bis gestern. Da begaben sich die Sozialdemokraten in Bremerhaven auf den Endspurt zum 25. Mai.

Natürlich taktete die SPD mit einem besonders guten Argument auf: Bürgermeister Henning Scherf, den laut Umfrage fast 70 Prozent der Bremer als Bürgermeister wollen, begab sich auf Tour durch den Bremerhavener Hafen. Im nicht vollbesetzten Doppeldecker-Bus: Rund 50 Senioren und ein Bürgermeister, dem trotz der Wahlprognosen, die die SPD klar vorne sehen, „ungemütlich“ ist. Er sei gegen die Veröffentlichung der Infratest-Ergebnisse gewesen, sagte Scherf. Auch Sigmar Gabriel hatte in Niedersachsen lange gute Umfrage-Ergebnisse gehabt – und doch verloren.

Da ist Scherf das neue Wahlkampfkonzept seiner Partei schon lieber – ein Konzept der „Bescheidenheit“, so Scherf. „Ich habe schon zwei Dutzend Wahlkämpfe mitgemacht, aber sowas hat es noch nicht gegeben.“

Die SPD macht diesmal nicht mehr in Großveranstaltungen, sondern nur noch kleine „Events“, die gezielt Anhänger mobilisieren sollen. So gestern die Tour durch den Hafen. Scherf: „Hier wird nicht gesagt, wie wichtig die SPD ist, sondern wie wichtig der Hafen für die Stadt ist.“

„Es ist schon so ein bisschen Kuschelwahlkampf“, meint Martin Günthner, Platz 3 der Bremerhavener Liste und Mitglied in der Fischtowner Wahlkampfkommission.

Gestern Abend präsentierte die Bremerhavener SPD ihr Konzept: Es gibt natürlich Henning-Plakate, aber diesmal keine Broschüren mehr mit Frontalfotos der Kandidaten, sondern vor allem Postkarten. Ein Motiv: „Zehn Fäuste für Bremerhaven“, auf dem die SPD verspricht, den Containerterminal oder die Hochschule „durchzuboxen“. Vorne: Die Fischtown-Top-Five mit eigens organisierten Boxhandschuhen. Noch ein Motiv: „Wenn ich König von Fischtown wär“. Der Grund für die neue Form der Mobilsierung: Bei vergangenen Wahlkämpfen habe sich gezeigt, dass zum Beispiel Diskussionen kaum besucht würden, erklärt Günthner.

Deshalb geht es jetzt „näher“ an den Wähler ran. Schon vor Wochen organisierten die Bremerhavener eine Kneipentour mit Scherf. Außerdem habe man Kleingärten, Sportvereine und Wochenmärkte beglückt. Weiter geplant: ein Besuch von Karin Röpke im Krankenhaus, ein Kochkurs mit Henning Scherf im Seefisch-Kochstudio und eine Fahrradtour mit OB Schulz.

Ach ja, der war natürlich gestern auch mit dabei. Natürlich, heißt es, wolle er weiter Oberbürgermeister in Bremerhaven bleiben. Es sei aber ganz sicher, heißt es auch, dass es nach der Wahl wieder einen Senator aus Bremerhaven geben werde. Nur wer das sein soll, das weiß hier noch keiner. ksc