: SPD in zweiter Liga
Beim ersten ordentlichen Landesparteitag seit dem Machtverlust in NRW stattet die SPD ihre Führung mit zweitklassigen Wahlergebnissen aus. Gegenprogramm zur Rüttgers-Regierung kommt erst 2007
AUS BOCHUMMARTIN TEIGELER
Die nordrhein-westfälische SPD ist in der Zweitklassigkeit angekommen. Auf ihrem ersten regulären Parteitag nach der Wahlpleite vom Mai 2005 boten die Sozialdemokraten am Samstag in Bochum personell und inhaltlich wenig Neues. Bei den Vorstandswahlen bekamen etliche Genossen schlechte Ergebnisse. Einzig Landeschef Jochen Dieckmann erzielte mit 90 Prozent ein gutes Resultat. Im Juli 2005 war der Ex-Finanzminister allerdings noch mit rund 95 Prozent an die Spitze des größten SPD-Landesverbands gewählt worden.
Teils miserable Wahlergebnisse fuhren Dieckmanns Stellvertreter ein. Die Landtagsabgeordneten Britta Altenkamp (56 Prozent) und Karsten Rudolph (47 Prozent) wurden nur knapp bestätigt. Beide gelten als öffentlich weitgehend unbekannt und unprofiliert – konnten sich aber auf den harten Kern der traditionellen Abstimmungsallianz aus den Parteiregionen Niederrhein und Westliches Westfalen verlassen. Der Parteilinke Karl Schultheis (Aachen) wurde mit lediglich 197 von 471 Stimmen nicht als Vizechef bestätigt. Dafür rückte Ex-Schulministerin Ute Schäfer mit 53 Prozent nach. Ex-Sozialministerin Birgit Fischer (86 Prozent) komplettierte die vierköpfige Vizeriege hinter Dieckmann.
In den nächsten Jahren müsse die Partei „verlorenes Vertrauen“ zurückgewinnen, sagte Dieckmann in seiner Rede, die selten von Applaus unterbrochen wurde. Die Landtagswahlniederlage habe nicht nur mit bundespolitischen Einflüssen zu tun gehabt. Man habe der SPD „nicht mehr zugetraut, die Probleme des Landes zu lösen“, sagte Dieckmann. Bis 2007 erarbeitet die Partei nun einen „Zukunftsentwurf NRW“, um bei den Wahlen 2009/2010 wieder mehrheitsfähig zu sein.
Ex-Ministerpräsident Peer Steinbrück, der für den erkrankten Bundesvorsitzenden Matthias Platzeck sprach, forderte die müde und gelangweilt wirkenden Delegierten auf, nicht der Regierungszeit in NRW nachzutrauern. Statt „wie alte Männer Kriegserlebnisse“ auszutauschen, solle sich die SPD auf „fünf oder sechs“ Themenfeldern profilieren. Dazu zählte der Bundesfinanzminister die Bildungspolitik und den Strukturwandel.
Eine Neupositionierung forderte auch der mit 73 Prozent bestätigte Generalsekretär Mike Groschek. Die Landes-SPD habe „den Scheitel 39 Jahre lang immer gleich gezogen“, jetzt müsse sie neue Antworten finden. NRW-SPD-Fraktionschefin Hannelore Kraft warf der schwarz-gelben Landesregierung Wortbruch und eine unsoziale Sparpolitik vor. „Wer Grundschulbezirke auflöst und Gettoschulen zulässt, der riskiert Berliner Verhältnisse.“
Die anschließende Aussprache dauerte nur fünf Minuten, das Mittagessen schien den Delegierten wichtiger zu sein als selbstkritische Debatten. Die NRW-Regierungspartei reagierte entsprechend gelassen auf den SPD-Parteitag. CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst bezeichnete die SPD-Tagung als „blutleer“.