piwik no script img

Ryschkow bei Meßcheten

Moskau (ap) - In der sowjetischen Presse wurde am Mittwoch nicht über die Äußerung des sowjetischen Ministerpräsidenten Nikolai Ryschkow berichtet, der die Schaffung einer Kommission angekündigt hatte, die sich mit der Forderung der türkischen Meßcheten nach einer Rücksiedelung in ihre ursprüngliche Heimat Georgien befassen soll. Nach der Flucht und der Evakuierung Tausender Meßcheten aus Usbekistan breitet sich unter den anderen nationalen Minderheiten in der zentralasiatischen Sowjetrepublik Angst aus. Durch die Städte Fergana, Kokand, Margilan und Kuwasai patrouillierten Soldaten mit Helmen und kugelsicheren Westen. „Leider ist dies die einzige Garantie gegen ein Wiederaufflammen der Zusammenstöße“, schrieb die Nachrichtenagentur Tass.

Unterdessen hält die Evakuierung der rund 100.000 Menschen zählenden meßchetischen Minderheit in andere Unionsrepubliken an. Der sowjetische Regierungschef Nikolai Ryschkow, der ein Flüchtlingslager am Flughafen der usbekischen Stadt Fergana mit rund 15.000 Meßcheten besuchte, stellte eine Rückkehr der meßchetischen Minderheit nach Südgeorgien in Aussicht.

Der Sprecher des sowjetischen Innenministeriums Boris Michailow teilte am Dienstag mit, bei den Ausschreitungen in Usbekistan seien 90 Menschen ums Leben gekommen, 974 Menschen seien verletzt worden. 748 Häuser seien niedergebrannt, 28 Gebäude von „volkswirtschaftlicher Bedeutung“ in Brand gesteckt worden. Bisher seien 557 Personen wegen Beteiligung an den Ausschreitungen festgenommen worden. Im Regierungsorgan 'Iswestija‘ wertete der stellvertretende usbekische Innenminister Eduard Didorenko die Pogrome als politische Kampfansage reaktionärer Kräfte gegen die Perestroika und den Demokratisierungsprozeß in der Sowjetunion.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen