: Rußland und China verbünden sich gegen die USA
■ Boris Jelzin und Jiang Zemin sind sich einig: Die Nato-Osterweiterung muß weg! Dafür erkennt Rußland das besetzte Tibet und Taiwan als Bestandteile Chinas an
Berlin (taz) – Rußlands Präsident Boris Jelzin kann heute mit einem Lächeln von seinem dreitägigen Staatsbesuch in China zurückfliegen. Im Gepäck hat er zahlreiche Abkommen über Handel zwischenstaatliche Beziehungen.
Chinas Staats- und Parteichef Jiang Zemin spricht sich, nach den Worten Jelzins, gegen eine Nato- Osterweiterung aus. Im Gegenzug erkennt Rußland das besetzte Tibet und Taiwan als „untrennbare Teile“ Chinas an. In einer gestern unterzeichneten Grundsatzerklärung über die „strategische Partnerschaft“ zwischen den beiden Großmächten wenden sich Jelzin und Jiang Zemin zudem gegen die Machtpolitik der USA.
Ein „Zentralasienpakt“ sichert die offene Südflanke Rußlands. Die Staatschefs der betroffenen postsowjetischen Republiken werden das Abkommen gemeinsam mit Jelzin und Jiang Zemin heute in Schanghai unterzeichnen. Es sieht die Schaffung einer entmilitarisierten Zone an der Westgrenze Chinas zu den Staaten Tadschikistan, Kirgisien und Kasachstan vor. Damit erhofft sich China Sicherheit für seine Muslimprovinz Xinjiang.
Kritik an dem neuen chinesisch- russischen Verständnis gab es aus dem nationalistischen Lager in Rußland. Als Geste des guten Willens hatte sich Jelzin verpflichtet, einen schmalen Streifen unbesiedelten Landes an China abzutreten. Seine Gegner werfen ihm nun den Ausverkauf Rußlands vor.
Der Kritik konnte Jelzin mit wirtschaflichem Erfolg begegnen. China gab den Bau eines vier Milliarden US-Dollar teuren Atomkraftwerkes in Auftrag. Außerdem bestellte Peking in Moskau teure Rüstungsgüter.
Die enge Zusammenarbeit mit China ist Teil einer neuen Orientierung der russischen Außenpolitik. So erklärte der russische Außenminister Jewgeni Primakow jüngst in einem Zeitungsinterview, die strategische Partnerschaft mit dem Westen sei „tot“. Als Gegengewicht zu den nach Hegemonie strebenden Staaten müsse sich Rußland neue Partner im Osten suchen. Jedoch ist ein Bündnis nicht das Ziel der neuen Nähe. „Wir haben gutnachbarschaftliche Beziehungen, die weder auf Allianz noch auf Konfrontation beruhen“, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums. Es gehe um den Kampf gegen eine „unipolare Welt“ unter amerikanischer Vorherrschaft. David Schraven
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