Russland sagt G8-Gipfel ab: Putin hat keine Zeit für Obama

Putin hat zu tun und verteilt Absagen: Erst der Nato-Gipfel in Chicago, nun auch noch das G8-Treffen in Camp David. Grund dafür sei die Regierungsbildung in Moskau.

G8-Gipfel? Putin hat keine Zeit, Moskau geht vor. Bild: dpa

WASHINGTON/BERLIN rtr | Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach dem Nato-Gipfel in Chicago auch seine Teilnahme am G8-Treffen in Camp David abgesagt. In einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama habe Putin erklärt, er könne wegen der Regierungsbildung in Moskau nicht nach Maryland kommen, gab das US-Präsidialamt am Mittwoch bekannt.

Ursprünglich hatten sich Putin und Obama kurz vor dem G8-Gipfel im Weißen Haus treffen sollen. Die Begegnung war mit Spannung erwartet worden, nachdem Obama bei einem Gespräch mit dem heutigen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew vor einem offenen Mikrofon größere Flexibilität beim Raketenschild zugesagt hatte. Bundeskanzlerin Angela Merkel warb für eine größere Zusammenarbeit mit Russland bei dem Rüstungsprojekt.

Putin war am Montag erneut zum russischen Staatsoberhaupt vereidigt worden. Medwedew übernimmt sein Amt als Ministerpräsident und soll nach US-Angaben nun am 18. und 19. Mai zum G8-Treffen reisen. Der Nato-Gipfel findet anschließend statt. Eine persönliche Begegnung zwischen Obama und Putin sei im Rahmen der G20-Runde Mitte Juni in Mexiko anvisiert worden, teilte das US-Präsidialamt weiter mit.

Die Expertin Fiona Hill vom Brookings Institution in Washington erklärte, Putins Begründung könne zwar durchaus der Wahrheit entsprechen. Auf der anderen Seite könne es sein, dass beide Männer ihre eigenen Gründe hätten, ihr erstes großes Treffen nach Putins Rückkehr ins Präsidentenamt nicht im Weißen Haus abhalten wollten. Das russische Staatsoberhaupt könnte einen neutraleren Ort bevorzugen. Zudem werde Obama im Wahlkampf von den Republikanern vorgeworfen, nicht entschlossen genug im Umgang mit Russland zu agieren. Dies gilt insbesondere für die geplante Raketenabwehr.

NATO-Raketenschild für Europa

Der Raketenschild soll aus see- und landgestützten Abwehrraketen im Mittelmeer beziehungsweise in Osteuropa sowie aus Radaranlagen bestehen. Die Nato will damit Europa vor Angriffen von Kurz- und Mittelstreckenraketen aus Staaten wie dem Iran schützen. Auf dem Gipfel in Chicago wollen die Nato-Staaten grünes Licht zum Beginn des schrittweisen Aufbaus des Schildes geben. Bis 2020 soll das Projekt fertiggestellt sein. Russland hat massive Bedenken angemeldet.

Merkel äußerte in einer Regierungserklärung in Berlin ihre Hoffnung auf eine Kooperation mit Russland bei dem System. Die Nato habe der Regierung in Moskau beim Gipfel 2010 die Zusammenarbeit angeboten. Damit könne ein qualitativ neues Kapitel im Verhältnis aufgeschlagen werden. Zum ersten Mal könnten Nato und Russland echte gemeinsame Verteidigungsaufgaben übernehmen. Es gehe dabei um einen Schutz vor neuen Bedrohungen durch Massenvernichtungswaffen.

Das US-Militär gab einen erfolgreichen Test seiner neuesten Abfangrakete bekannt. Das Ziel - eine ballistische Rakete - sei nahe Hawaii von einer Raytheon SM-3 zerstört worden. „Nach ersten Ergebnissen haben alle Komponenten wie geplant funktioniert“, teilte das Verteidigungsministerium mit. Von 67 entsprechende Tests seit 2001 waren demnach 53 erfolgreich.

Abzug aus Afghanistan

Neben dem Raketenschild dürfte der Afghanistankrieg ein wichtiges Thema beim Nato-Gipfel sein. Merkel sagte in ihrer Regierungserklärung, sie erwarte eine Bestätigung des bisherigen Zeitplanes zum Abzug der internationalen Truppen. „Die gute Nachricht lautet: der Prozess der Übergabe der Verantwortung (...) kommt voran, und zwar so, wie wir uns das vorgenommen haben“, sagte sie.

In Chicago gehe es darum, den Fahrplan bis 2014 zu bekräftigt. Die Bundesregierung stehe zu dem Motto: „Zusammen hinein, zusammen hinaus.“ Bis Ende 2014 sollen die meisten ausländischen Kampftruppen abgezogen sein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.