Russland reagiert auf Obama: Medwedew verlangt mehr Abrüstung
Nicht nur Sprengköpfe, auch die Transportsysteme für Atombomben sollen reduziert werden, verlangt Russlands Premier. Außerdem müsse die Nato auch konventionell abrüsten.
MOSKAU/HELSINI dpa/reuters | Russlands Präsident Dmitri Medwedew hat zurückhaltend, aber im Grundsatz zustimmend auf die Worte von US-Präsident Barack Obama über eine atomwaffenfreie Welt reagiert. Derzeit würden große Hoffnungen an die nukleare Abrüstung geknüpft, sagte Medwedew am Montag bei einem Besuch in Finnland. Die von Obama dafür in Prag genannten Bedingungen seien fair.
Es dürfe bei neuen Verhandlungen aber nicht nur um eine Reduzierung der Zahl atomarer Sprengköpfe gehen, sagte Medwedew am Montag bei einem Staatsbesuch in Helsinki vor finnischen Studenten. "Es muss auch um Interkontinentalraketen, um ballistische U-Boot-Raketen und schwere Kampfbomber gehen, die atomare Waffen transportieren können", sagte Medwedew.
Voraussetzung sei außerdem ein Verbot der Stationierung von Atomwaffen im Weltall. Auch müsse sichergestellt werden, dass Nuklearwaffen tatsächlich zerstört und nicht einfach auf Halde gelegt würden. Schließlich dürfe die Atomabrüstung nicht durch eine Aufrüstung bei konventionellen Waffen ausgeglichen werden.
Russland und die USA wollen in diesem Jahr über ein Nachfolgedokument für den Ende 2009 auslaufenden Vertrag über die Reduzierung strategischer Waffen (START) verhandeln.
Russland sei bereit, sich bei neuen Abkommen zu einer noch umfangreicheren Abrüstung als zuletzt zu verpflichten, sagte Medwedew. "Nach unserem Verständnis muss man in einem Vertrag, der an die Stelle von START tritt, unbedingt auch die Zahl der Transportmittel für atomare Waffen begrenzen, nicht nur die Zahl der eigentlichen Sprengköpfe", erklärte der Kremlchef.
USA auch ohne Atombomben überlegen
Medwedew und Obama hatten sich im April in London auf Gespräche zur Reduzierung der Offensivwaffen geeinigt. Obama hatte unlängst bei einer Rede in Prag die Vision einer atomwaffenfreien Welt entworfen. Russland hatte sich daraufhin jedoch bedeckt gehalten und auf das große Arsenal anderer US-Waffen verwiesen. Russische Militärexperten betonten, dass die USA dank verschiedener Waffensysteme leicht auf atomare Sprengköpfe verzichten können und trotzdem militärisch überlegen blieben.
Medwedew forderte in seiner Helsinki-Rede "umfassende Vereinbarungen" bei den neuen Abrüstungsverhandlungen. "Es kann nicht zugelassen werden, dass wir die Reduzierung der atomaren Sprengköpfe durch die Erhöhung strategischer Systeme kompensieren, die dann mit gewöhnlichen Waffen ausgestattet sind", sagte Medwedew. Er sprach sich zudem erneut für ein gesamteuropäisches Sicherheitskonzept aus, um "eine Welt ohne Atomwaffen" zu erreichen.
Gegen eine Raketenabwehr in Polen
Russland sei weiter bereit, sich am Aufbau einer globalen Raketenabwehr zu beteiligen, sagte der Kremlchef. Zugleich warnte er noch einmal eindringlich vor einem Alleingang der USA, die in Polen und Tschechien eine Abwehranlage für mögliche Angriffe aus dem Iran einrichten wollen. Ein solches US-System gefährde das militärische Gleichgewicht in Europa.
Medwedew wies auch darauf hin, dass Russland in den vergangenen Jahren in der Ostsee-Enklave Kaliningrad um das frühere Königsberg die Zahl seiner Truppen und die Einheiten schwerer Kampftechnik mehrfach reduziert habe. Deshalb erwarte Moskau im Gegenzug auch entsprechende Schritte von der NATO.
Nach Angaben des Außenministeriums in Moskau wollen Russland und die USA am 24. April in Rom erste Gespräche für ein neues Abrüstungsabkommen führen. Diplomaten beider Seiten sollen in der italienischen Hauptstadt zudem ein für Mai geplantes Treffen des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit US- Kollegin Hillary Clinton vorbereiten.
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