■ Wer wählt wann und wen?: Rußland ist groß, der Zar ist weit
Rund 105 Millionen RussInnen sind am Sonntag aufgerufen, einen neuen Präsidenten des Landes zu wählen. Die 93.500 Wahllokale sind von 8 bis 22 Uhr Ortszeit geöffnet. Da sich Rußland über elf Zeitzonen erstreckt, beginnt die Wahl im Fernen Osten nach Mitteleuropäischer Zeit schon am Samstag abend und endet in Kaliningrad am Sonntag um 23 Uhr.
Außer dem amtierenden Präsidenten Boris Jelzin bewerben sich neun Kandidaten um das höchste Amt im Staate: der Chef der Kommunistischen Partei, Gennadi Sjuganow, der Vorsitzende der rechtsextremen Liberaldemokratischen Partei, Wladimir Schirinowski, Grigori Jawlinski, Chef der Reformpartei Jabloko, der gemäßigte Nationalist und Exgeneral Alexander Lebed, Michael Gorbatschow, der Augenarzt Swjatoslaw Fjodorow, der Millionär und Geschäftsmann Wladimir Brynzalow, der frühere Olympiasieger im Gewichtheben Juri Wlassow sowie der Politikwissenschaftler Martin Schakkum.
Wenn keiner der Bewerber beim ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht – und das gilt als sicher –, müssen sich die beiden bestplazierten Kandidaten innerhalb von dreißig Tagen einer Stichwahl stellen. Als Daten dafür kommen der 7. oder der 14. Juli in Frage.
Der Präsident ist nach der Verfassung der mächtigste Mann im Land (Frauen spielen bei diesen Wahlen keine Rolle). Seine Amtszeit ist auf zwei Perioden von je vier Jahren beschränkt. Er ist offizielles Staatsoberhaupt und Oberkommandierender der Streitkräfte. Er bestimmt und kontrolliert die Regierung und kann sich mit Dekreten (Ukas) am Parlament vorbeiregieren. Außerdem hat er das Recht, im ganzen Land oder in Teilen den Notstand auszurufen. Er kann das Parlament auflösen, wenn sein Kandidat für den Posten des Regierungschefs dreimal in der Duma durchfällt, oder wenn das Parlament der Regierung das Mißtrauen ausspricht.
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