: Rundumschlag gegen unser aller Wirtschaftsminister
■ Die Sozialdemokraten betreiben ihren Wahlkampf mit Leichenfledderei
Bonn (dpa/afp) — Die SPD hat Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann (FDP) in einer Bilanz über dessen fast zweijährige Amtszeit Versagen „auf der ganzen Linie“ vorgeworfen. Haussmann habe die wirtschaftlichen Umstellungsprobleme auf dem Gebiet der bisherigen DDR von Anfang an falsch eingeschätzt und geglaubt, der Aufschwung komme „von alleine“, kritisierte der SPD-Obmann im Wirtschaftsausschuß des Bundestages, Uwe Jens.
Haussmann fehlten Ideen und Durchsetzungskraft, um im Entscheidungsprozeß der Bundesregierung „Eckwerte für Problemlösungen“ vorzugeben, meinte Jens. Haussmann habe den „staatlichen Handlungsbedarf“ in der ehemaligen DDR nicht zur Kenntnis genommen und mache sich damit der „unterlassenen Hilfeleistung“ schuldig.
Nach den Worten von Jens hat der Wirtschaftsminister zwei wesentliche Versprechen des Staatsvertrages zur deutschen Einheit nicht erfüllt. Zum einen den „Vertrauensschutz“ für den Handel zwischen der früheren DDR und RGW-Staaten. Statt Zusammenarbeit auszubauen, sei der Import aus RGW-Ländern 1990 um zwei Milliarden Transfer-Rubel zurückgegangen. Auch die im Staatsvertrag verankerte „aktive Arbeitsmarktpolitik“ sei nicht realisiert. In der Praxis würden Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit, nicht aber Ersatzarbeitsplätze und Umschulung finanziert.
Die Entscheidung Haussmanns für die Fusion der Unternehmen Daimler-Benz und MBB habe zu einem „Glaubwürdigkeitsverlust“ der Bundesregierung bei der Europäischen Gemeinschaft geführt, kritisierte Jens weiter. Auch in der Ex- DDR lasse der Minister die Chance zum Aufbau funktionsfähiger Wettbewerbsstrukturen verstreichen.
Haussmann wies die Angriffe von Jens „aufs schärfste zurück“. Dabei wurde der Minister vom Wirtschaftssprecher der Unionsfraktion, Matthias Wissmann, unterstützt, der in einer gesonderten Mitteilung betonte, in den fünf neuen Bundesländern seien „die Weichen für ein zweites Wirtschaftswunder gestellt“. Haussmann empfahl Jens „dringend“, sich die Ende Oktober vorgestellte „erfolgreiche“ Bilanz des Wirtschaftsministeriums für die letzten acht Jahre anzusehen. Die Vorwürfe von Jens im Vorfeld der Wahl offenbarten die Position der SPD, „die immer noch von der Machbarkeit wirtschaftlicher Entwicklung, von der Effizienz staatlicher Lenkung und industriepolitischer Eingriffe überzeugt“ sei.
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