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Rundfunk

■ Fanny Müller:

Neulich morgens rief mich einer vom Rundfunk an: ob ich in der Lage sei, mich am Abend während einer „Talk“-Sendung spontan telefonisch zu der Frage „Kann Literatur dem Menschen eine Orientierung geben?“ zu äußern. Weil ich noch nicht ganz wach war, sagte ich zu, bereute es aber den ganzen Tag. Bin ich vielleicht Orientierungsexpertin? Ich selbst orientiere mich für gewöhnlich an Fahrplänen, Einkaufszetteln u. ä., aber nicht an Büchern („Au ja, jetzt mach ich's genauso wie Scarlett O'Hara ...“, ich bitte Sie!). Ich wälzte dann doch so einiges an Nachschlagewerken und rang mich dazu durch, als Motto meines Lebens „Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg“ (Goethe) anzugeben und überdies wie nebenbei anzumerken, daß schon Arno Schmidt ungefähr gesagt hat, daß das Leben in Wirklichkeit nur der Abklatsch unserer großen Romane sei. Abends sitze ich am Radio und warte auf den verabredeten Anruf. Warte. Und warte. Endlich ruft er an: Sie hätten thematisch umdisponiert, mein Beitrag sei jetzt nicht mehr nötig, hoffentlich hätte ich nicht gewartet. „Das habe ich wohl!“ „Tut uns leid. Aber dafür zahlen Sie ja schließlich Rundfunkgebühren!“ „Was??“

Na ja, stimmt eigentlich. Das tue ich schon seit Jahren. Aber jetzt weiß ich wenigstens, wofür.

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