piwik no script img

Runder Haushalt dank Ortwin?

■ Finanzsenator will HEW, HHLA oder Landesbank verkaufen Von Uli Exner

„Lieber ein Großbrand als ein Flächenbrand“. Mit gewohnt blumigen Worten umschreibt Ortwin Runde, was ihn in diesen Wochen umtreibt: Um den Stadt-Haushalt –96 zu finanzieren, will der Senats-Schatzmeister ein städtisches Unternehmen – zumindest große Teile davon – verkaufen. In Frage kommen drei Staatsbetriebe: Die HEW, die Hamburger Hafen- und Lagerhaus AG (HHLA) oder die Hamburgische Landesbank.

Wofür auch immer sich das Dealer-Duo Runde/Voscherau entscheidet – eins steht längst fest: Die Summe wird nicht reichen, um den maroden Etat zu sanieren. Die gestern mit einem Beschluß über die Eckwerte des 96er Haushalts begonnenen Senatsberatungen dürften sich deshalb auch um folgende Themen drehen: Gewerbesteuer-Anhebung, nicht ob, sondern wie stark; Grundsteuer-Erhöhung, dito. Dazu das bewährte Streichmanöver in den Personalplänen der Behörden. Und schwupp – darf das Wahljahr 1997 kommen. Dann, so die Hoffnung Rundes, könne man auf allzu schmerzliche und damit wenig werbewirksame Einschnitte verzichten.

Bis dahin allerdings dürfte noch reichlich Ärger programmiert sein. In den Behörden, deren Mitarbeiter das neue Zauberwort moderner Stadthaushaltsführung – „Budgetierung“ – inzwischen gar nicht mehr amüsant finden. Kein Wunder, bedeutet diese Umstellung auf größere Eigenständigkeit im Umgang mit den zugeteilten Haushaltsmittel derzeit vor allem: Der Senat drückt den Mitarbeitern den Rotstift in die Hand und sagt: Nun macht mal. Im Juni sollen die Ergebnisse auf dem Tisch liegen.

Spätestens dann dürfte auch die Statt Partei knörig werden: Die verkündete gestern schon mal voreilig, den „Ausgabenanstieg für 1996 auf drei Prozent begrenzt“ zu haben. Runde rechnet dagegen damit, daß sich dieser Ansatz wohl kaum halten lassen wird. „Vier Prozent, darauf könnte es hinauslaufen“.

Nur wenig später, zu Beginn der Sommerferien vorzugsweise, dürfte dann der Zoff mit den pressure-groups anstehen: Handelskammer gegen Gewerbesteuer. Studis gegen Streichungen an der Uni. Hausbesitzer gegen höhere Grundsteuer. Gewerkschaften gegen Privatisierung der HHLA/HEW/Landesbank.

Selbst wenn all dies überstanden ist – und das vor zwei Jahren für –96 prognostizierte Gesamt-Defizit von 2,4 Milliarden durch Verkäufe (650 Millionen), Ausgabensenkungen und Einnahmesteigerungen (725 Millionen) auf eine knappe Milliarde zusammengeschnurrt ist – ob Rundes Hoffnung auf einen gesunden Wahljahr-Haushalt berechtigt ist, wird auch dann noch in den Sternen stehen.

Zwar setzt der Senator derzeit darauf, daß die Steuer-Einnahmen 1997 dank Konjunkturaufschwung um 7,1 Prozent steigen – und damit kräftiger als die geplanten Ausgaben. Die sogenannten „Haushaltsrisiken“ aber hält Runde für unkalkulierbar: Höhere Kreditzinsen werden den Schuldendienst verteuern, Rationalisierungen die Arbeitslosenzahlen weiter steigen lassen und damit die sozialen Folgekosten, neue Steuergesetze des Bundes werden zumindest teilweise zu Lasten der Länder gehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen