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■ Run Run Vanguard

Hallelujah! Das Ende all unserer Qualen ist nahe; unser Geist und unser Ohr werden gereinigt und geläutert sein, denn vernehmet die Kunde: Run Run Vanguard sind gekommen, um unser Leben durch ihren Gott, die Musik, »aus Gefangenschaft und dumpfem Gewölbe in die Erlösung emporzuführen«. So wird uns jedenfalls verheißen in der Info-Predigt, die mit solchen und ähnlichen starken Worten erschüttert.

Die vierköpfige Band hat, und das können wir ruhig glauben, nur eine Liebe: die Musik, die sich über Klassik und Jazz bis zum Punk erstreckt. Davon ausgenommen ist lediglich die »anspruchsvolle Operette«. Aber »im Grunde bejahen sie alle Musik, weil sie Sprache des Herzens und Gefährtin des Geistes« ist. Nun schreiben die jungen Herren (Gott sei's gedankt!) nicht nur ziemlich geistlose Infos und lieben Musik — sie machen auch welche. Und die kommt hauptsächlich recht düster und glashart herüber, mit handwerklicher Solidität und einer nicht zu leugnenden Vorliebe für die transparente Sprödigkeit von Bauhaus und einem Hang zur Pathetik der Sisters Of Mercy, dabei durchaus eigenständig und ohne pompöse Ornamentik.

Allerdings werden sie uns wohl den Beweis schuldig bleiben, daß Musik auch »heiteres und sorgloses Spiel der Fröhlichkeit« ist, wie sie verwirrenderweise selbst erkannten. Zwar haben sich Run Run Vanguard vorgenommen, mit der Quelle der Musik unsere ausgedörrten »Wüsten der Arbeit und der Tage« zu erfrischen und unsere müden und lahmen Seelen der Erneuerung zuzuführen, aber wir werden wohl, so wir doch einmal heiter und fröhlich sein sollten, auf die Toten Hosen oder die Wildecker Herzbuben zurückgreifen müssen. Heute aber könnte es passieren, daß sich »hinter der harten Realität des Lebens ein Himmel auftut, erfüllt mit den Klängen und Melodien ewiger Freuden«. Amen. (Um 21 Uhr im Osten) Lehmann

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