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Ruhig geschossen“

■ Kurden-Ausschuss: Niemand hält Notwehrversion der Israelis noch für haltbar

Die Notwehrversion der Wachleute für die Todesschüsse vor dem israelischen Konsulat ist nach Ansicht von Berliner Politikern nicht mehr haltbar. Justizsenator Erhart Körting (SPD) sowie die Mitglieder der Untersuchungsausschusses des Abgeordnetenhauses bezogen sich in ihrer Wertung auf den Zwischenbericht der Staatsanwaltschaft (die taz berichtete).

Der ermittelnde Staatsanwalt Lutz Wittkowski bekräftigte gestern vor dem Untersuchungsausschuss seine Kernthese: Demnach haben die Israelis die für drei Kurden tödlichen Schüsse vor dem Konsulat nicht in Notwehr abgegeben. Laut Wittkowski spreche kaum etwas dafür, dass von den drei auf der Treppe vor dem Konsulat erschossenen Kurden ein „konkreter Angriff“ ausgegangen sei. Vielmehr habe der Israeli nach Polizistenaussagen „relativ unaufgeregt“ geschossen. Vier Kurden waren tödlich getroffen worden.

Justizsenator Körting erklärte, die Zweifel über die Notwehrthese seien durch die Vernehmungen der Polizeizeugen noch verstärkt worden. Dennoch habe sich das Auswärtige Amt anfangs „um die Frage herumgedrückt“, ob es möglich wäre, die Todesschützen erneut zu vernehmen. Die Ermittlungen gegen die Schützen sind wegen ihrer diplomatischen Immunität eingestellt worden. Bis heute sei unklar, ob sie unmittelbar nach dem Blutbad bloß als Zeugen oder als mögliche Beschuldigte verhört wurden. Körting zufolge bekamen die Berliner Behörden von israelischer Seite nur eine zweiseitige Erklärung, die auch an die Presse ging. Er bemängelte, die Ermittler seien am Tatort „mit einer gewissen Lockerheit“ vorgegangen.

Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Wieland (Grüne) beklagte, dass es trotz der „starken Zweifel“ an der Notwehrthese nicht möglich sei, die Israelis erneut zu hören. Frank Ebel (SPD) betonte, der unzureichende Schutz des Konsulats durch Polizisten habe zum Sturm auf die Vertretung geführt, wie der Staatsanwaltschaft ermittelte. Damit trage Innensenator Eckart Werthebach (CDU) ein politische Mitverantwortung für das Geschehen. Marion Seelig (PDS) sagte, es sei deutlich, dass die Ermittler schon sehr früh keinen Glauben mehr in die Notwehr-„Legende“ hatten. Die CDU blieb dem Ausschuss fern. Philipp Gessler

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