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Archiv-Artikel

Rühr mein Gärtchen nicht an!

Das Ende von Böhrnsens Investitionszäsur kommt, bevor sie wirksam wird: Die Ausgaben, auf die sich die große Koalition verständigt hat, sind fast doppelt so hoch wie die verfügbaren Finanzmittel

von Klaus Wolschner

Zwei Tage mussten die Experten arbeiten, um erste Einzelheiten der „Einigung der Bürgermeister“ vom Dienstag mitzuteilen. Seit Wochen haben sich SPD und CDU im Streit über die Investitionsplanungen blockiert – die „Blockade“ sei „zum Wohle Bremens aufgelöst“ worden, freut sich Fraktionsvorsitzender Hartmut Perschau (CDU). Das Lob der wirtschaftspolitischen Sprecher in der SPD ist deutlich zurückhaltender: Die Einigung „weist in die richtige Richtung“, erklärte sie. Am Tonfall erkennt man, dass sich die CDU mehr durchgesetzt hat als der SPD lieb war.

509 Millionen Euro stehen im Haushaltsplan 2006 für Investitionen, im Jahre 2007 sollen es 491 Millionen sein. Jeder Cent ist über Neuverschuldung finanziert. 300 Millionen davon werden unter dem Etikett „Anschluss-Investitions-Programm“ (AIP) diskutiert. Dieses Geld ist aber in den Jahren zuvor nahezu vollständig ausgegeben oder verbindlich verplant worden. Der klägliche Rest: 62 Millionen Euro bis 2009, davon 18,8 Millionen für den Doppelhaushalt 2006/2007. Die SPD hatte seit Monaten insistiert, dass die Wunschlisten auf diesen Rahmen zusammengestrichen würden. Erneute Vorgriffe auf kommende Jahre solle es, bis auf zwingende Ausnahmefälle, nicht mehr geben.

Zusätzlich zu diesen 62 Millionen haben die Bürgermeister nun doch 22 Millionen Euro Vorgriffe beschlossen: Die Erschließung der Überseestadt und die Mittel für die „Exzellenzinitiative“ der Uni hätten sonst nicht in den Rahmen gepasst. Zudem werden jene 27 Millionen Euro ausgegeben, die Ex-Bausenator Jens Eckhoff am 8. November 2005 vom Bundesbauministerium erhalten und vor Finanzsenator und Haushaltsausschuss auf einem Sonderkonto versteckt hatte. Damit stockt der „Kompromiss“ die bis 2009 verfügbare Summe kurzerhand auf: Aus 62 macht er 111 Millionen.

Ausgeklammert haben die Bürgermeister dabei die Frage der Bremerhavener Investitionsprojekte. Der Hafenausbau wird ohnehin weitgehend außerhalb des Haushaltes finanziert. Und dann gibt es noch so kleine Nettigkeiten wie das Thema Kirchentag: 7,5 Millionen Euro Zuschuss hatte Henning Scherf versprochen. Ein persönliches Vorgärtchen, dessen Pflege nun „durch konsumtive Mittel im Rahmen der dann gültigen Haushaltspläne“ gesichert ist.

Wenn der „Technologiepark Grohn“ um die International University erschlossen wird, dann wird das aus einem Sondervermögen außerhalb des Haushaltes finanziert, das bei der Bremer Investitionsgesellschaft BIG geparkt ist. Als Versteck bewährt diese sich auch für 40 Millionen Euro „Kreditschulden“ für den Space Park. Entsprechende Rückstellungen sind in der Investitionsplanung des Senats nicht zu erkennen.

„Total enttäuscht“ sei sie von dem Kompromiss der beiden Bürgermeister, bekennt die Fraktionschefin der Grünen, Karoline Linnert, die Vorsitzende des Haushaltsausschusses ist. Böhrnsen sei „wortbrüchig“ geworden.

Faktisch habe die Koalition so weitgehend auf die bisher noch nicht verplanten Gelder aus den Jahren 2008/2009 zugegriffen, sodass für den nächsten Senat nach der Bürgerschaftswahl kein Spielraum mehr bestehe. Nach Informationen von Linnert ist die Klageschrift zum Verfassungsgericht nach Karlsruhe noch nicht abgeschickt: Es sind Korrekturen notwendig, weil die bisher versprochene Investitionsquote nicht einzuhalten war.