: Rückkehr der Bosnien-Flüchtlinge verzögert sich
■ Innenminister: Das Datum 1. Juli ist vom Tisch. Nicht alle Bosnier können zurück
Hamburg/Frankfurt (dpa) – Angesichts der schleppenden Umsetzung des Daytoner Friedensabkommens verzögert sich die Rückkehr der 320.000 bosnischen Flüchtlinge aus Deutschland in ihre Heimat auf unbestimmte Zeit. Der 1. Juli als Termin für den Beginn ihrer Rückführung ist nach übereinstimmender Einschätzung der Innenminister von Nordrhein- Westfalen und Schleswig-Holstein, Franz-Josef Kniola und Ekkehard Wienholtz (beide SPD), vom Tisch.
Am Wochenende wuchsen die Zweifel, daß alle Flüchtlinge in ihre Heimatorte zurückkehren können. Die Bosnien-Kontaktgruppe wollte gestern abend in Frankfurt am Main auch darüber beraten, wie die Flüchtlinge zurückgeführt und wo sie angesiedelt werden sollen. Der Kontaktgruppe gehören Vertreter der USA, Rußlands, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands an.
Die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern (IMK) hatte am Freitag zwar noch keine entgültige Entscheidung über den ursprünglich für den 1. Juli geplanten Rückführungstermin getroffen. Nach Einschätzung Kniolas können die nach Deutschland geflüchteten Bosnier aber frühestens im Frühjahr kommenden Jahres zurückkehren. Die Bedingungen, die einem entprechenden im März gefaßten IMK-Beschluß zugrunde gelegen hätten, seien nicht erfüllt worden.
Kniola, Wienholtz und Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) kritisierten das Vorgehen der UN und der Bundesregierung bei der Umsetzung des Friedensabkommens. Bonn habe es versäumt, verbindliche Rückführungsabkommen mit Bosnien- Herzegowina und Serbien zu schließen. Beckstein nannte es „unverständlich“, daß Außenminister Klaus Kinkel (FDP) die diplomatische Anerkennung Serbiens ausgesprochen habe, ohne auf eine Verpflichtung Serbiens zur Aufnahme von Flüchtlingen zu drängen. „Wir sind nicht bereit, den Schlendrian hinzunehmen, mit dem bisher dahingewurstelt worden ist“, sagte Beckstein. „Mit Ausnahme des Hohen Flüchtlingskommissars glaubt niemand mehr, daß jeder der bosnischen Flüchtlinge dahin zurück kann, wo er her kommt.“
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