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Roter Peter

Verkehrssenator Strieder (SPD) will nichts mehr bauen – keine Autobahnen, aber auch keine Straßenbahnlinien

Neue Straßen- oder Schienenverbindungen sollen in Berlin nur noch in Ausnahmefällen gebaut werden. „Bestandserhaltung geht vor Netzerweiterung“, heißt es in einem ersten Konzept der Arbeitsgruppe, die im Auftrag von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) einen neuen „Stadtentwicklungsplan Verkehr“ erarbeitet. Dieser Grundsatz gelte „für alle Maßnahmen“, also „einschließlich Straßenbahn“. Bislang galt Strieder als Befürworter neuer Tramlinien, wofür ihn der christdemokratische Koalitionspartner stets heftig kritisierte.

Der vor einem halben Jahr eingesetzte runde Tisch, der am kommenden Freitag die erste Phase seiner Arbeit abschließt, soll den Streit um verkehrspolitische Prinzipien offenbar endgültig beerdigen – nicht nur bei der Straßenbahn. So betonen die Autoren des Papiers, Ziel sei „nicht eine Anfeindung des Pkw, sondern eine entschiedene Werbung für eine andere Nutzung des Pkw in der Stadt“.

Schon die Zusammensetzung des Gremiums zeugt vom Willen zum Konsens: Neben Vertretern aus Parteien und Verwaltung sind auch die widerstreitenden Lobbyisten vertreten – vom Automobilclub Adac bis zum Umweltverband Bund. Vom Baustopp sollen nur Straßenverbindungen ins brandenburgische Umland ausgenommen sein, vor allem in den stark wachsenden südlichen Speckgürtel Richtung Ludwigsfelde und Zossen. Hier würden die Möglichkeiten, Verkehr auf die Schiene zu verlagern, bislang „überschätzt“.

Auch in Berlin selbst hätten neue Schienenwege bislang nicht zu einer nennenswerten Verlagerung von Verkehr geführt. Zudem führten solche Investitionen zu immer höheren Ausgaben für „Bestandserhaltung und Pflege des vorhandenen Netzes“.

Die Strieder-Kommission schlägt daher vor, das Verkehrsgeschehen mit vergleichsweise billigen Mitteln zu beeinflussen. Neben einem Beschleunigungsprogramm für Bahn und Bus zählen dazu ein Routenkonzept für Lastwagen oder höhere Parkgebühren in Einkaufsstraßen. Die wachsende Zahl von Unfällen macht den Planern Sorgen. Um den Durchgangsverkehr in der Innenstadt zu verringern, wollen die Experten die Straßenverbindung entlang des S-Bahn-Rings attraktiver machen – allerdings nicht durch einen Ausbau, sondern durch eine grüne Welle an den Kreuzungen. RAB

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