: Rot-grün hängt schief
■ Paradehengst Schröder scharrt mit den Hufen
In Gerhard Schröders selbsternannter rot-grüner Musterehe hängt der Haussegen schief. Das Stimmungstief vor der Sommerpause, als Schröder gegen Rudolf Scharping im Rennen um den SPD-Vorsitz den Kürzeren gezogen hatte, hält an. Immer öfter muß der rot-grüne Koalitionsausschuß Konflikte der beiden Regierungspartner schlichten: Nationalpark Harz, Verbandsklage, demnächst die Lehrerarbeitszeit und die Sondermüllentsorgung.
Sieben Monate vor der Landtagswahl gebärden sich die Regierungsparteien übernervös. Sozialdemokraten kündigen „härtere Gangart“ gegen Grüne in der Umweltpolitik an. Grüne kündigen Regierungsbeschlüsse auf. Argwöhnisch wird registriert, daß sich der eine auf Kosten des anderen zu profilieren sucht. Sozialdemokraten wie Grüne sind mit eigenen Sorgen beschäftigt.
Die SPD muß um Stammwähler fürchten, wie ihr Meinungsforscher erst kürzlich wieder bescheinigt haben. Einziges richtiges Pfund, mit dem die Sozialdemokraten den Untersuchungen zufolge beim Wähler wuchern können, ist ihr Regierungschef. „Staatsmann und Macher Schröder“ gegen den von der CDU ins Rennen geschickten „Neuling Christian Wulff“, so stellen sich einige Wahlkampfstrategen der SPD das vor. Doch gerade Schröder bekommt in diesen Wochen aus den eigenen Reihen Gegenwind. Der gut inszenierte Rücktritt des Städtetagspräsidenten Jürgen Schneider, eines Sozialdemokraten, der Schröder und seine Regierung kommunalfeindliche Politik vorwirft, hat die Spitzengenossen bitter getroffen.
Im Gegenzug versuchen sich die Grünen plötzlich als Opposition zur eigenen Regierung: Ein politisch nicht beschlußfähiger Ausschuß von weniger der Hälfte der Kreisverbände verlangt, den von den Grünen-Ministern und — Fraktion mitgetragenen Lehrer-Beschluß mit der SPD zu stoppen. Die SPD wird nicht zurückstecken: „Reden ja, ändern nein!“ ließ SPD-Chef Johann Bruns die Grünen wissen.
Furios der grüne Schwenk in der Sondermüllpolitik: Kurz vor Schluß des Genehmigungsverfahrens zum Ausbau der einzigen Sondermüllkippe des Landes in Hoheneggelsen ist die Fraktion vorgeprescht. Was drei Jahre als „Eckpfeiler“ rot-grüner Sondermüllentsorgung gepriesen wurde, ist nun „ökologisch nicht verantwortbar“. Andreas Möser, dpa
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